50 Jahre ist es mittlerweile her, dass mit dem sogenannten Radikalenerlass eines der folgenreichsten Desaster in der Geschichte der Bundesrepublik vollzogen wurde. Ein Forschungsteam der Universität Heidelberg beschreibt nun die Auswirkungen: "Es war eine Hexenjagd gegenüber jungen Menschen, denen Verfassungsfeindlichkeit unterstellt wurde." In Baden-Württemberg erfolgten von 1973 bis 1990 fast 700.000 "Regelanfragen" beim Inlandsgeheimdienst ("Verfassungsschutz"). Offiziell gab es rund 300 Nicht-Einstellungen und Entlassungen aus dem öffentlichen Dienst. Die Dunkelziffer ist hoch. Betroffen waren zu 97 Prozent politisch linksgerichtete Menschen. Mittlerweile ist unstrittig, dass diese Berufsverbote gegen Grundrechte, Meinungs- und Organisationsfreiheit verstießen. Dennoch müssen die Betroffenen bis heute um Rehabilitierung kämpfen. Dementsprechend war das Motto der Kundgebung gewählt: "Die Landesregierung darf sich nicht länger drücken!" Denn schon längst hat der Landtag in Baden-Württemberg entsprechende Beschlüsse gefasst – nur umgesetzt wurden diese bisher nicht. Mit Verweis auf "sehr große, andere Probleme" entzieht sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Bündnis 90/Die Grünen, seiner Verantwortung. Die Betroffenen der Berufsverbote sind weiterhin die Leidtragenden. Denn in der Konsequenz hat der "Radikalenerlass" natürlich maßgeblich Auswirkung auf deren geringe Renten. Daher ist ein finanzieller Ausgleich für die zu Unrecht Verfolgten längst überfällig. Neben Betroffenen kamen auch die Gewerkschaften zu Wort. Kai Burmeister, der Vorsitzende des DGB in Baden-Württemberg, drückte in einer Rede seine Unterstützung und Solidarität aus.