Gewerkschaften haben viel durchgesetzt: höhere Einkommen, kürzere Arbeitszeiten, bezahlten Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Betriebsräte, Mitbestimmung und vieles mehr. Trotzdem glauben viele Menschen, sie bräuchten nicht den Schutz einer größeren Gemeinschaft, um ihre Interessen durchzusetzen. Die Mitgliedszahlen der Gewerkschaften sinken, die Zahl der Betriebe mit Tarifvertrag geht zurück, geschützte Arbeitsbedingungen werden weniger.

Besonders schlecht sieht es im Bereich der IT-Berufe aus. Dort bemüht sich ver.di seit langem, Mitglieder zu gewinnen. Der Erfolg ist eher mäßig. Als Gegenargument ist immer wieder zu hören: "Ich bin stark genug und regele meine Angelegenheiten selbst." Zudem sind IT-Beschäftigte mit ihren Chefs per Du, das Betriebsklima ist gefühlt "hip" und IT-Leute sind derzeit stark gefragt und verdienen entsprechend gut.

Blickt man jedoch hinter die glänzenden Fassaden in der IT-Welt, eröffnet sich oft eine ganz andere Wirklichkeit, vor allem wenn es wirtschaftlich nicht so optimal läuft. Das erfahren derzeit viele Beschäftigte der Vorzeigeunternehmen im Silicon Valley, wie Facebook, Twitter und Amazon. Diese Unternehmen haben in den vergangenen Wochen angekündigt, tausende Arbeitsplätze abzubauen und Beschäftigte zu entlassen. Diese Folgen werden auch in Deutschland zu spüren sein. Der neue Chef von Twitter, Elon Musk, teilte seinen Leuten sogar mit: wem das Arbeitsklima nicht passe, der solle doch gehen.

Raue Sitten also. ver.di München hofft, dass die Beschäftigten in der Branche den Wert einer Gewerkschaft jetzt besser erkennen und sich eine Mitgliedschaft überlegen. Um ins Gespräch zu kommen, hat ver.di zu einer offenen Videokonferenz in der Branche eingeladen. Der Zuspruch war gut und die ersten Schritte zur Vernetzung sind getan. ver.di hat für weitere Formate abgefragt, welche Bedürfnisse die Kolleginnen und Kollegen haben. Die Vernetzung steht an erster Stelle.

Deshalb gibt es am 25. Januar 2023 bereits einen Folgetermin. Da wird dann auch ein bayernweiter IT-Fachausschuss gegründet. Wer eingeladen werden möchte, wende sich kurzerhand an hubert.keller@verdi.de. Ernst Edhofer