Wer für die katholische Kirche arbeitet, ist dem Arbeitsrecht der Kirche unterstellt. Das bedeutet, das Privatleben kann zum Kündigungsgrund werden. Nun haben sich die deutschen katholischen Bischöfe auf ein neues kirchliches Arbeitsrecht verständigt. Die private Lebensgestaltung von Mitarbeiter*innen der katholischen Kirche und von katholischen Verbänden soll demnach keine Rolle mehr spielen, teilte die Deutsche Bischofskonferenz am 22. November mit. ver.di geht das neue Arbeitsrecht der Kirche längst nicht weit genug.

Mitglieder der Initiative #Outinchurch hatten im Januar auf die Situation homosexueller und queerer Beschäftigter in der Kirche aufmerksam gemacht. Viel zu oft seien sie aus Angst vor Kündigung gezwungen gewesen, ihr Privatleben zu verheimlichen. Im März hatten Aktivisten 117.000 Unterschriften bei der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe übergeben. Daraufhin hatte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing, eine Änderung des Arbeitsrechts angekündigt, die jetzt beschlossen wurde.

Die Deutsche Bischofskonferenz teilte mit, "explizit wie nie zuvor wird Vielfalt in kirchlichen Einrichtungen als Bereicherung anerkannt". Alle Mitarbeitenden könnten unabhängig von ihren konkreten Aufgaben, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrem Alter, ihrer Behinderung, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Identität und ihrer Lebensform Repräsentant*innen der unbedingten Liebe Gottes und damit einer den Menschen dienenden Kirche sein. Die einzige Bedingung sei "eine positive Grundhaltung und Offenheit gegenüber der Botschaft des Evangeliums".

Völlig andere Welt

"Die beschlossene Reform ist völlig unzureichend. Es darf nicht länger akzeptiert werden, dass die katholische Kirche in die Lebensführung ihrer Beschäftigten eingreift, Menschen diskriminiert und ihnen weiterhin grundlegende Rechte verweigert", sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. "Die Bischöfe scheinen in einer völlig anderen Welt zu leben als der überwiegende Teil der Bevölkerung. Sie reagieren nur nach massivem öffentlichen Druck und dann auch nur mit minimalen Verbesserungen."

Bei der Mitbestimmung mangelt es ebenfalls. Die Kirchenspitze habe Tarifverhandlungen auf Augenhöhe erneut eine Absage erteilt, kritisierte Bühler. Weiterhin weigere sich die katholische Kirche, das Grundrecht der Beschäftigten auf Streik anzuerkennen und bestehe auf einer schwächeren betrieblichen Mitbestimmung als im weltlichen Arbeitsrecht. Bühler forderte die Bundesregierung auf, die nötigen Konsequenzen zu ziehen. Schließlich finanzierten sich die rund 25.000 karitativen Einrichtungen im Gesundheits- und Sozialwesen fast ausschließlich aus öffentlichen Mitteln. Trotzdem dürften die katholischen Arbeitgeber mit Billigung des Staates ihren Beschäftigten Rechte vorenthalten. SPD, Grüne und FDP hatten im Koalitionsvertrag die Prüfung des kirchlichen Sonderrechts vereinbart. ml

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