Der europäische Straßengütertransport wird auf legalem und illegalem Weg organisiert, in jedem Fall, aber immer zu Lasten der Lkw-Fahrer*innen. In Deutschland gibt es jedes Jahr mehr als 400 Millionen Lkw-Fahrten, mehr als eine Million pro Tag. Die Anzahl von Lkw-Fahrten von Beschäftigten, die einen Arbeitsvertrag in einem anderen EU-Mitgliedsland haben oder gar aus Ländern von außerhalb der EU kommen, liegt bei circa 50 Prozent. Jede zweite Lkw-Fahrt in Deutschland erledigen also Kolleg*innen, die keinen Arbeitsvertrag in Deutschland haben. Und das obwohl sie häufig nur oder zumindest teilweise in Deutschland fahren. Das nennt man dann Sozialdumping, denn den Fahrer*innen wird ein deutsches Tarifgehalt oder mindestens der deutsche Mindestlohn vorenthalten.

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Stefan Thyroke ist ver.di-Bundesfachgruppenleiter Speditionen, Logistik und KEPFoto: Christian Jungeblodt

Im aktuellen Fall hatten 52 Kollegen aus Georgien, Usbekistan und Tadschikistan entschieden, ihre Arbeit niederzulegen und so lange nicht weiterzufahren, bis ihnen das ausstehende Gehalt gezahlt wird. Sie wurden vom ersten Tag an unter anderen auch von ver.di vor Ort betreut. Dass sie in Deutschland gestoppt sind, ist kein Zufall, denn hier fahren sie oft monatelang, häufig ohne nach Hause zu kommen, wie EU-Regeln es aber vorschreiben. Und die Zeiten am Wochenende müssten die Fahrer*innen außerhalb der Fahrerkabine verbringen, was sie in der Regel auch nicht machen, weil der Arbeitgeber das Hotel eben nicht bezahlen will, was er eigentlich müsste. Ganz konkret fahren hier also Kollegen, die in Polen angestellt sind, in Deutschland von A nach B. Dies geschieht tausendfach pro Tag in unserem Land und davon profitieren die Logistik-Unternehmen, die die Auftraggeber sind. Sie machen Milliardengewinne während die Lkw-Fahrenden auf Deutschlands Straßen ein unwürdiges Dasein fristen – ausgebeutet und um eine ordentliche Bezahlung betrogen. Die Logistik-Arbeitgeber, die Bundesregierung und auch die Regierungsfraktionen im Bundestag fallen dadurch auf, nichts zu tun. Logistik-Weltmeister wird man nur auf Kosten anderer.