Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die Diskussion um das Thema Flüchtlinge und Zuwanderung verschärft sich wieder. Viele Kommunen kündigen an, dass ihre Kapazitäten zur Aufnahme von Geflüchteten erreicht sind, sie gerne weiter helfen möchten, aber es schlichtweg nicht mehr möglich ist. Es mangelt an Unterkünften und vor allem auch an Personal, um den Menschen in Not angemessen helfen zu können. Die Lage ist schwierig, aber zur Wahrheit zählt auch, dass Deutschland nach wie vor auch auf Zuwanderung, zuvorderst von Fachkräften, angewiesen ist. Und unter den Geflüchteten befinden sich Menschen mit vielfältigen Ausbildungen. Von 400.000 Fachkräften pro Jahr ist die Rede, die wir benötigen. Andere Studien nennen sogar die Zahl von 1,5 Millionen Fachkräften, weil uns nämlich auch jedes Jahr über eine Million dieser Fachkräfte verlassen. Dass es bei dem Thema nicht nur Schwarz und Weiß, sondern viele Blickpunkte und Lösungen gibt, wie etwa die Mobilisierung der Fachkräfte, die unter uns leben, stellen wir in dieser Ausgabe in unserem Brennpunkt (S.3) und der Reportage über angeworbene Pflegekräften aus Mexiko dar (S.6+7).

Dringend werden Fachkräfte aktuell in der Kinder- und Jugendhilfe gebraucht. Bundesweit gibt es mangels Personal kaum noch Inobhutnahmeplätze für gefährdete Kinder. Wir haben mit Kolleg*innen, die vor dem Kollaps stehen, gesprochen (S.13).

Den Beschäftigten im Handel fehlt auch Personal, aber vor allem noch immer ein Entgegenkommen der Arbeitgeber in der diesjährigen Tarifrunde. Sie streiken weiter, notfalls auch bis Weihnachten (S.4). Was dieses letzte Mittel im Arbeitskampf in den letzten knapp 25 Jahren gebracht und verändert hat in Deutschland, hat der Arbeitskampfexperte Heiner Dribbusch in seinem Buch "Streik" aufgeschrieben, aus dem wir Auszüge dokumentieren (S.15). Dribbusch stellt fest, dass seit der ver.di-Gründung mehr Frauen streiken, die Streiks bunter und erfolgreicher geworden sind. In diesem Sinne an alle aktuell Streikenden: Weiter so!

Petra Welzel

Chefredakteurin der ver.di publik