An den Wänden des Betriebsratsbüros hängen Wandzeitungen mit Fragen zu den Folgen einer Insolvenz. „Die sind noch vom letzten Mal“ sagt Nils Reinhardt, der Betriebsratsvorsitzende der Hamburger Filiale in der Mönckebergstraße, trocken. Anfang Januar wurde die erneute Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) bekannt – es ist bereits die dritte seit 2020.

Gewöhnen tue man sich dennoch nicht daran, sagt Reinhardt. „Es ist doch jedes Mal anders.“ Die Stimmung bei den Beschäftigten sei aktuell geprägt durch Misstrauen gegenüber dem Arbeitgeber. „Es ist der Zusammenhalt untereinander, der die Kolleginnen und Kollegen jeden Morgen aufstehen und zur Arbeit gehen lässt.“ Aber nicht wenige wollen den permanenten Krisenmodus verlassen und suchen sich einen neuen Job. Die meisten Fachkräfte verlassen nach Reinhardts Beobachtung dann den Handel und wechseln die Branche.

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Nils Reinhardt, Betriebsratsvorsitzender bei Galeriaver.di

Die aktuelle Insolvenz hat viele Facetten. Dass René Benko, Eigentümer der Signa-Gruppe, zu der auch GKK gehört, mit überhöhten Mieten der Warenhauskette wirtschaftlich zugesetzt hat, ist eine davon. Diese Insolvenz ist auch deshalb besonders bitter, weil die Lage des Unternehmens sich trotzdem gebessert hat. Nils Reinhardt bescheinigt dem neuen Management ein Umdenken mit dem Fokus auf den Filialen und den Kundinnen und Kunden. Erste Erfolge waren erkennbar: Die Zahlen waren gut in den letzten ­Monaten. „Wir spürten wirklich eine Art Aufbruchstimmung“, erzählt der Betriebsratsvorsitzende, „und dass, obwohl wir hier in der Filiale im Vergleich zu 2022 80 Beschäftigte weniger sind. Die Kolleginnen und Kollegen machen einfach ­einen tollen Job!“

Die Beschäftigten leisten seit Jahren auch finanziell ihren Beitrag zur Sanierung: Seit 2019 verzichten sie über einen Notlagentarifvertrag auf Lohnerhöhungen sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Die erneute Insolvenz verstärkt nun wieder die Unsicherheit und die Sorge vor Filialschließungen. Neben dem Haus in der Mönckebergstraße gibt es in Hamburg noch Galeria-Filialen in Eimsbüttel und im Alstertal-Einkaufszentrum.

Nachdem die letzten beiden Insolvenzen in Eigenregie stattgefunden haben, wird dieses Mal nun eine Regelinsolvenz durchlaufen. Reinhardt begrüßt das. Er erwartet, dass der Insolvenzverwalter die Betriebsräte ins Boot holt. „Wir wollen weiter Handel betreiben“, sagt er. „Dafür braucht es einen geeigneten Investor.“ Auch, dass die Bundesagentur für Arbeit bereits mitgeteilt hat, dass die Beschäftigten Insolvenzgeld erhalten, ist eine ­Erleichterung.

Reinhardts Herz schlägt für den Einzelhandel. Er erwartet, dass die Rahmenbedingungen für den stationären Einzelhandel verbessert werden. „In den letzten Jahren ist die Entwicklung des Einkaufsquartiers Mönckeberg/Spitaler Straße aus dem politischen Blick geraten, die Entwicklung der Hafencity stand im ­Fokus. Die Attraktivität eines Quartiers trägt aber zum Erfolg und damit zur ­Sicherung der Arbeitsplätze bei, deshalb hat es eine Bedeutung, ob der Hamburger Senat hier investiert oder nicht.“