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Auch in Berlin protestieren und streiken die Handelsbeschäftigten immer wiederFoto: ddp images

So zäh wie die im Frühjahr 2023 begonnene ist noch keine Tarifrunde im Handel verlaufen. Nach längerer Pause gab es Ende Januar im Groß- und Außenhandel zwar wieder eine Verhandlungsrunde, nämlich in Nordrhein-Westfalen, doch endete auch sie wiederum ohne jeglicheses Entgegenkommen der Arbeitgeberseite.

"Wenige große Handelskonzerne geben den Ton in den Verbänden an und stellen sich öffentlich so dar, dass ein angemessener Abschluss sie ruinieren würde."
Silke Zimmer, ver.di-Bundesvorstand

ver.di präsentiert Ideen zur Lösung

"Die Handelsverbände für den Einzel- wie für den Groß- und Außenhandel geben keine Antworten darauf, wie die zunehmend prekären Arbeits- und Entlohnungsbedingungen der Beschäftigten im Handel verbessert werden sollen", stellte Silke Zimmer nach dem Scheitern der 9. Verhandlungsrunde für die Beschäftigten im Groß- und Außenhandel Nordrhein-Westfalens fest. Die jetzige Leiterin des ver.di-Bundesfachbereichs Handel war bis zum Herbst 2023 für den Landesfachbereich in NRW zuständig. In der sechsstündigen Runde Ende Januar gab es von der Arbeitgeberseite kein verbessertes Angebot. Die geltende Offerte aus dem Juni 2023 sieht nur eine Erhöhung von 5,1 Prozent nach vier Nullmonaten für das erste und um 2,9 Prozent bei drei Nullmonaten für das zweite Jahr vor sowie eine Inflationsausgleichsprämie von 700 Euro pro Jahr.

ver.di präsentierte dagegen gleich mehrere Lösungsansätze für einen Tarifabschluss. So wäre zum Beispiel eine Vorteilsregelung für ver.di-Mitglieder denkbar, eine Erhöhung und Dynamisierung des Urlaubsgeldes oder auch ein Zukunftsfonds zur Alterssicherung oder Qualifizierung der Beschäftigten beim anstehenden Strukturwandel im Handel. Die Arbeitgeber wollten jedoch von keiner dieser Ideen etwas wissen.

"Ziel ist es offenbar nicht, zu einem Tarifabschluss zu kommen, sondern einseitig Bedingungen zu diktieren", sagt Henrike Eickholt, Leiterin des Fachbereichs Handel im ver.di-Landesbezirk NRW und Verhandlungsführerin der Tarifverhandlungen für beide Branchen. Die Arbeitgeber seien weder zu Entgelterhöhungen im erforderlichen Umfang bereit noch zur Gestaltung der künftigen Herausforderungen im Handel gemeinsam mit den Beschäftigten.

Zwei Tage nach den gescheiterten Verhandlungen zeigten tausende Handelsbeschäftigte zusammen mit weiteren engagierten Gewerkschafter*innen in Nordrhein-Westfalen, was sie von der andauernden Blockade der Arbeitgeber halten: Sie protestierten vor Rewe-Filialen landauf, landab und baten dort Kund*innen um Unterstützung der Aktion "Mein Herz schlägt für die Beschäftigten im Handel".

Satte Gewinne

Rewe ist einer der großen Player der Branche und gilt als das Unternehmen, das entscheidend einen fairen Tarifabschluss für die Beschäftigten sowohl im Einzelhandel wie auch im Groß- und Außenhandel blockiert. "Die Beschäftigten im Handel sind wütend. Sie warten seit neun Monaten auf einen Tarifabschluss und damit auf eine nachhaltige Verbesserung ihrer Einkommen", so Henrike Eickholt.

"Wenige große Handelskonzerne geben den Ton in den Verbänden an und stellen sich öffentlich so dar, dass ein angemessener Abschluss sie ruinieren würde", so Silke Zimmer. "Dabei hat insbesondere der Lebensmittelhandel in der Corona-Zeit satte Gewinne eingefahren, die die Unternehmen gerne mitnahmen. Die sozialen Folgekosten für prekäre Beschäftigung und Altersarmut darf aber gerne die Allgemeinheit tragen!" ver.di setze weiterhin auf allen Ebenen darauf, zu einer Lösung des Tarifkonfliktes zu kommen. Am 5. Februar (nach Redaktionsschluss) beriet die ver.di-Tarifkommission in NRW das weitere Vorgehen.