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Musik ist mein Leben, meine Berufung. Ich habe mit sieben Jahren angefangen, Gitarre zu spielen. Zuerst war es ein Hobby, aber dann habe ich gemerkt, dass ich auch beruflich Musik machen möchte. Es war nicht ganz einfach, meine Eltern davon zu überzeugen. Aber ich wollte es unbedingt und schließlich durfte ich mich an einer Musikhochschule in meinem Geburtsland Uruguay einschreiben. Nach meinem Studium bin ich 1993 nach Deutschland gekommen und habe in Berlin an der "Hanns Eisler" weiterstudiert – Gitarrenpädagogik. Schon während des Studiums habe ich angefangen zu unterrichten. Zwei Tage in der Woche bin ich mit dem Zug zur Musikschule in Neustrelitz gefahren, um Gitarrenunterricht zu erteilen. Das war mein erster Kontakt mit dem Beruf.

Ich unterrichte seit mittlerweile 30 Jahren Kinder und Jugendliche, meist im Einzelunterricht, manchmal auch in Gruppen und Ensembles. Ich versuche auch weiter als konzertierende Musikerin unterwegs zu sein. Aber es ist schwierig, Auftritte neben dem sehr zeitaufwendigen Job als Lehrerin zu organisieren. Das Schöne am Unterrichten ist der Kontakt mit den Schüler*innen. Es ist ein tolles Gefühl, zu erleben, wie sie es genießen, einen Ton aus dem Instrument herauszubringen – und wenn du merkst, dass du ein Talent geweckt hast, was da geschlummert hat. Ich lerne selbst wahnsinnig viel dadurch, dass ich Sachen erklären muss. Denn um sowas überhaupt vermitteln zu können, muss man sich erstmal klar machen, wie man das eigentlich macht. Sehr junge Kinder sind oft unglaublich spontan und kommen auf Ideen, die auch meine Tätigkeit als Lehrerin hinterfragen. Das finde ich spannend. Auch nach so vielen Jahren noch.

77 Prozent auf Honorarbasis beschäftigt

Allerdings lassen mich die Arbeitsbedingungen oft verzweifeln. Seit 25 Jahren arbeite ich für die gleiche bezirkliche Musikschule mit einem gleichbleibenden Arbeitsumfang und einem identischen Unterrichtsauftrag wie meine festangestellten Kolleg*innen. Aber ich bin nur auf Honorarbasis beschäftigt. Seit über zehn Jahren kämpfen wir zusammen mit ver.di und mit der Unterstützung des Landesmusikrats für mehr Festanstellungen. Infolge des Herrenberg-Urteils 2022 wurden bundesweit Honorarverträge in Festanstellungen überführt. Aber leider nicht in Berlin, hier sind immer noch 77 Prozent aller Musikschullehrkräfte auf Honorarbasis beschäftigt. In unserem Beruf sind wir sehr isoliert. Das führt in vieler Hinsicht zu Problemen. Und das ist der Grund, warum ich mich immer stärker bei ver.di engagiere, mittlerweile als Vorsitzende der Fachgruppe Musik Berlin Brandenburg. Wir haben dank ver.di im Laufe der Jahre Verbesserungen durchsetzen können: Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall, Elternzeitbezahlung, kleine Honorarerhöhungen. Aber der Bescheid der deutschen Rentenversicherung ist immer noch sehr traurig. Wir verdienen zu wenig. Ich mache diese Arbeit mit ganz viel Kraft und Energie und sehr gerne, aber es bleibt das Gefühl, es wird nicht wertgeschätzt, was ich hier mache.