VON Heike Langenberg

RWE hat angekündigt, zum 1. August die Strompreise zu erhöhen, und zwar um 6,6 Prozent im Grundtarif. Der Energiekonzern ist nicht der einzige Anbieter, der mit der Begründung gestiegener Netzentgelte derzeit seine Preise anzieht. Energieversorger unterschiedlicher Größe haben bereits ihre elf Millionen Kunden über Preissteigerungen informiert. Weitere werden wohl noch folgen.

Kostete die Kilowattstunde für Privathaushalte zur Jahrtausendwende noch durchschnittlich 15 Cent, werden mittlerweile rund zehn Cent mehr dafür in Rechnung gestellt. Allein in den vergangenen zwei Jahren sind die Energiepreise nach Angaben der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen um zehn bis 15 Prozent gestiegen. Nicht nur für die sechs Millionen Bezieher/innen von Hartz-IV-Leistungen sei das mittlerweile ein existenzielles Problem, sagt Bernhard Jirku, beim ver.di-Bundesvorstand für die Erwerbslosenarbeit zuständig. Auch für weitere sechs Millionen Geringverdienende bedeuteten die steigenden Energiekosten ein zunehmendes Problem.

Geld für Nachzahlungen fehlt

Nach Schätzungen des Paritätischen Gesamtverbandes ist 2011 rund 200.000 Hartz-IV-Bezieher/innen der Strom abgestellt worden. Vielen von ihnen fehlte das Geld für fällige Nachzahlungen am Jahresende. Denn die Erhöhungen des Regelsatzes lagen im Gegensatz zum Anstieg der Strompreise nur bei drei bis vier Prozent. Anders als bei den Heizkosten übernehmen die Jobcenter nicht die tatsächlich für Strom anfallenden Kosten. Stattdessen wird der Anteil der Energie-, Wohn- und Instandhaltungskosten im Regelsatz pauschal mit 31 Euro abgedeckt. "Der Regelsatz wird als pauschalierte Leistung ausgezahlt, sodass es jedem Einzelnen überlassen bleibt, wie und wofür er sein Budget ausgibt", sagt Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU). Eine generelle Überprüfung der Zusammensetzung des Regelsatzes ist erst wieder für 2013 angesetzt. Bis sie ausgewertet und umgesetzt wird, werden dann noch zwei weitere Jahre vergehen. Bis dahin gibt es nur pauschale Regelsatzanpassungen, die sich an der Preis- und Lohnentwicklung orientieren.

"Oft ist es unmöglich, die Kosten für Energie stark genug zu reduzieren", hält Jirku den Vorstellungen der Sozialministerin entgegen. Wer kein Geld habe, um die Stromkosten zu bezahlen, sei auch nicht in der Lage, in energiesparende Geräte zu investieren. Erforderlich sei hingegen ein regelmäßiger Regelsatz-TÜV, damit auf Kostensteigerungen wie beim Strom schnell reagiert werden könne. Nur mit besseren Löhnen und einer realitätsnaheren Regelsatzanpassung könne, so Jirku, verhindert werden, dass immer mehr Menschen im Dunkeln sitzen.

Stromsperre

Den Strom abstellen kann ein Energieversorger nur unter bestimmten Bedingungen. So muss er die Sperre vier Wochen im Voraus schriftlich androhen. In Paragraf 19 der Stromgrundversorgungsverordnung heißt es dazu, dass die Folgen der Unterbrechung im "Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung" stehen müssen. Dabei muss unter anderem berücksichtigt werden, ob Kinder oder Kranke im Haushalt wohnen.

Kann die Kundin, der Kunde darlegen, dass er/sie seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann, darf die Stromversorgung nicht gekappt werden. Die Summe des geschuldeten Geldes muss bei mindestens 100 Euro liegen. Einige Energieversorger bieten von sich aus die Möglichkeit von Ratenzahlungen an, bei anderen muss man gezielt danach fragen.

Bezieher/innen von Hartz-IV-Leistungen können versuchen, beim Jobcenter ein Darlehen für die Zahlung zu beantragen. Drei Werktage vor dem endgültigen Abschalten der Grundversorgung muss der Kunde, die Kundin noch einmal schriftlich mit Angabe eines konkreten Datums informiert werden.