Anstehen


Living Stones - Die Natur als Künstlerin

Der zweiseitige Windkanter aus dem Gestein Quarzit sieht aus wie ein Ei, über das eine Kante verläuft. Als hätte ein Mensch Hand angelegt und dem Stein erst durch Feilen und Schleifen seine harmonische Form gegeben. Aber es waren nur Wasser, Wind und Sonne, die aus dem Klumpen Quarzkörnern das Ei gemacht haben, das es seit seinem Fund bis heute ist. Ein Objekt, das in seiner Vollkommenheit zum Anfassen einlädt. In der Ludwiggalerie im Schloss Oberhausen sind derzeit zum Teil zwei Milliarden Jahre alte Steine zu sehen, darunter beschriebenes Ei. Und wenn man sie auf sich wirken lässt, dann sieht man darin tatsächlich Leben. Nicht nur das Leben, das sie gezeichnet hat. Da ist zum Beispiel der so genannte Literatenstein aus der chinesischen Qing-Dynastie, dessen Formationen schwanken wie Rodins Bürger von Calais. Dass sich Künstler/innen bis heute von der Natur inspirieren lassen, zeigen nicht zuletzt die Fotografien unter anderem von Albert Renger-Patzsch, die die Ausstellung ergänzen. Nötig wären sie nicht gewesen.PEWE

LUDWIGGALERIE SCHLOSS OBERHAUSEN, KONRAD-ADENAUER-ALLEE 46, BIS 20. MAI, DI-SO 11-18 UHR


Thomas Hoepker

Seit 50 Jahren hält Thomas Hoepker seine Kamera auf die Welt, ist mal ganz nah dran an den großen Geschichten, an Muhammad Ali zu seinen besten Zeiten, oder am 11. September 2001 in New York im Umkreis der zusammenbrechenden Twin Towers. Dann wieder sind es einfühlsame Porträts einfacher Menschen, etwa das eines Metzgers aus Guatemala beim Entladen seiner blutigen Ware. Die Rippen und den Schenkel eines mächtigen Rindes hat er sich so über den gebeugten Rücken geworfen, dass sie zusammen mit seinem blutverschmierten weißen Hemd fast schon wieder wie der geschwungene Volant eines grellen Ballkleides aussehen. Es sind gerade die Farben, die Hoepkers Bildern eine zweite Dimension geben. Eine japanische Geisha ist dann nicht nur eine Geisha in prachtvollem Gewand, sondern auch ein Augen packendes Spiel von Licht und Farben. Eine Werkschau von 200 seiner Arbeiten ist jetzt in Hamburg zu sehen, in der Stadt, wo er einst das Magazin Geo mit auf den Weg brachte. Heute lebt der 70-jährige Vorsitzende der Fotoagentur Magnum in New York und bringt noch einmal seine Welt zurück.PEWE

MUSEUM FÜR KUNST UND GEWERBE HAMBURG, STEINTORPLATZ, BIS 18. MÄRZ, DI-SO 10-18 UHR, DO 10-21 UHR


Tango mortal del peso

Vier coole Neoliberale grübeln auf spartanisch grauer Bühne darüber, wie man Deutschland effizienter machen, Alte und Erwerbslose loswerden kann. Mit ihren Vorschlägen gewinnen sie den "Fit-For-Future-Award" der Bundesregierung. Inspirieren lassen sie sich vom Argentinien der 70er Jahre. Eine Zeit, in der die Militärs Oppositionelle verschleppten und folterten, während eine Fußballweltmeisterschaft gefeiert wurde und deutsche Firmen dem Regime Beifall zollten. Das Theaterstück der Berliner Compagnie (Text: Helma Fries, Regie: Elke Schuster) verknüpft schroffes Politkabarett über die Tatsache, dass in Deutschland "jeden Tag eine neue Reformsau durchs Dorf getrieben wird" mit historischem Dokumentarfilm und eindringlichen Aufnahmen aus Argentinien. Die Inszenierungen der Compagnie können bundesweit gebucht werden. CVZ

www.berliner-compagnie.de, TEL. 089/71298624, karin-fries@berlinercompagnie.de