Strajk - Die Heldin von Danzig | Mitten im Lärm und Dreck der Danziger Großwerft in den 60er Jahren beginnt der neue Film von Volker Schlöndorff. Körperlich schwere Arbeit unter härtesten Bedingungen - und inmitten dieser Szenerie die kleine Agnieszka (Katharina Thalbach), die mit Hingabe schnurgerade Schweißnähte zieht, permanent den Plan übererfüllt, dafür Jahr für Jahr zur "Heldin der Arbeit" gekürt und deswegen von ihren Kollegen verspottet wird. Doch mit Fleiß, Disziplin und den Lese-Nachhilfestunden ihres unehelichen Sohnes schafft sie es, von der Hilfsarbeiterin zur Kranführerin aufzusteigen. Auch das menschliche Glück hält in Gestalt von Kazimierz (Dominique Horwitz) Einzug in ihrem bescheidenen Leben. Doch nur kurz, denn schon auf der Hochzeitsreise stirbt ihr Mann. Wenig später müssen bei einer Explosion in der Werft mehr als 20 von Agnieszkas Kollegen wegen mangelnden Arbeitschutzes ihr Leben lassen. Da erwacht der Gerechtigkeitssinn der Frau und sie beginnt, sich gegen Arbeitgeber und den kungelnden Boss der staatlichen Gewerkschaft aufzulehnen. Es ist das Jahr 1970, als die Werftarbeiter zum ersten Mal rebellieren. Mit Unerschrockenheit, Mitgefühl und Ausdauer setzt sich Agnieszka erfolgreich für die Rechte der Beschäftigten und ihrer Familien ein und erntet dafür den Respekt ihrer Kolleginnen und Kollegen. So wird die ehemalige Hilfsarbeiterin zur treibenden Kraft der Solidarnosc-Bewegung in Danzig. Als sie deswegen - nach 30 Arbeitsjahren auf der Werft - entlassen wird, tritt die Belegschaft geschlossen in den Streik und tritt damit die Protestbewegung in ganz Polen los, die der Anfang der politischen Wende in Europa werden sollte. Agnieszka wird zur Heldin dieser Bewegung. Elektriker Lech (Andrzej Chyra), der schnell als der spätere Solidarnosc-Führer Walesa erkennbar wird, bleibt bei Schlöndorff der Taktiker im Hintergrund, der erst öffentlich in Erscheinung tritt, als die politische Entwicklung unumkehrbar ist.

Mit kraftvollen Strichen zeichnet Schlöndorff den anstrengenden Arbeitsalltag der Werftarbeiter und mixt Spielfilmszenen gekonnt mit historischen Aufnahmen. Die teilweise archaisch anmutenden Bilder bekommen durch die sphärische Musik von Jean-Michel Jarre eine ganz besondere Dynamik. Wenn auch einige unnötige Nebenstränge den auf einer wahren Begebenheit beruhenden Film zerfasern und Handlung wie Figuren teilweise grob geschnitzt sind - es lohnt sich, Strajk anzusehen: Um sich an echte Solidarität als Lebenselixier der Gewerkschaftsbewegung zu erinnern und wenigstens beim Zuschauen nachzufühlen.GUNDULA LASCH

R: VOLKER SCHLÖNDORFF; D: KATHARINA THALBACH, DOMINIQUE HORWITZ, ANDRZEJ CHYRA, KINOSTART: 8. MÄRZ