Beim Ehegattennachzug soll das Aufenthaltsgesetz verschärft werden

"Wenn Sie einen jungen Mann kennen würden, den Sie gern heiraten würden, oder ich eine junge Frau, ich würde ihr schon vorher vermitteln wollen, dass sie ein bisschen Deutsch kann." Was Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) am 18. März im netten Plauderton im Deutschlandfunk über den Äther schickte, hat in der Gesetzesvorlage zur Novellierung des Zuwanderungsgesetzes zwecks Umsetzung europäischer Richtlinien einen bitteren Nachklang.

Zukünftig soll etwa dem ausländischen Partner einer binationalen Ehegemeinschaft laut Paragraph 28 des Aufenthaltsgesetzes der so genannte Nachzug zur deutschen Partnerin nicht allein gewährt werden, wenn "er sich auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann". Darüber hinaus soll er "bei Vorliegen besonderer Umstände von der Sicherung des Lebensunterhalts abhängig gemacht werden". Dazu heißt es: "Besondere Umstände liegen bei Personen vor, denen die Begründung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Ausland zumutbar ist. Dies kommt insbesondere bei Doppelstaatlern in Bezug auf das Land in Betracht, dessen Staatsangehörigkeit sie neben der deutschen besitzen, oder bei Deutschen, die geraume Zeit im Herkunftsland des Ehegatten gelebt und gearbeitet haben und die Sprache dieses Staates sprechen." Im Klartext: Wer sich und seine Angetraute hier nicht versorgen kann, muss sein Eheglück im Land des Partners leben.

Deutsche zweiter Klasse

Der Bundesinnenminister macht keinen Hehl daraus, mit der neuen Regelung weitere Barrieren für Schein- und Zwangsehen aufbauen zu wollen. Der Passus Doppelstaatler zielt dabei vor allem auf die große Gemeinde der Deutsch-Türken. Und Schäuble verheimlicht auch nicht, "den Zuzug in die sozialen Sicherungssysteme" einschränken zu wollen. Übersetzt heißt das, Deutschland will keine Menschen mehr aufnehmen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen wären.

Allen voran protestiert dagegen der Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.: "Gibt es künftig Deutsche erster und zweiter Klasse? Die einen werden familienpolitisch unterstützt, die anderen aufenthaltspolitisch ,ausgewandert'?"

Ende April legte DGB-Vorstandmitglied Annelie Buntenbach anlässlich der ersten Lesung zum Gesetzesentwurf mit Kritik nach: "Im Kern geht es weniger um die Umsetzung von EU-Richtlinien, als um Verschärfungen des Ausländerrechts, die teilweise sogar im Widerspruch zum geltenden EU-Recht stehen. Die Bundesregierung steuert damit sehenden Auges auf das nächste Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof zu."

Ein Menschenrechtsverstoß

Das sieht auch das Deutsche Institut für Menschenrechte so. In einer Stellungnahme hegen die Verfasserinnen berechtigte Zweifel an der Vereinbarkeit der neuen Regelung mit dem grund- und menschenrechtlichen Gleichheitsgebot und dem Diskriminierungsverbot. Das Institut ist sich deshalb sicher, dass dieser Menschenrechtsverstoß individuelle Schadensersatzansprüche gegen die Bundesrepublik nach sich ziehen wird. Im Bundesinnenministerium zeigt man sich von der Kritik unberührt: "Wir haben den Gesetzentwurf so eingebracht und vertreten ihn auch so."PETRA WELZEL

Siehe Kommentar