VL-Sprecher Roland Groß

Betriebliche Interessenvertretung am Beispiel der Münchner Stadtentwässerung

Von den 32 gewählten Vertrauensleuten (VL) bei der Münchner Stadtentwässerung (MSE) sind 22 Kolleg/innen zur VL-Sitzung erschienen. Das Team setzt sich recht bunt zusammen: Kanalarbeiter, Kraftfahrer, Ver- und Entsorger, Schichtführer, Lagerarbeiter, Meister, technische Zeichner, Buchhalter, Ingenieure und Verwaltungsbeamte. Die mehrheitlich mit gewerblichen Beschäftigten, also Arbeitern, besetzte Gruppe hat auch drei aktive Beamte in ihrer Mitte. Kurios: Bereits zum dritten Mal wurde ein Verwaltungsbeamter zum Sprecher der ver.di-Vertrauensleute gewählt. Roland Groß ist aber nicht "nur" der VL-Sprecher bei der MSE, er ist kürzlich auch zum Vorsitzenden der ver.di-Bundesfachgruppe Wasserwirtschaft gewählt worden.

Aus dem Innenleben der MSE-Vertrauensleutearbeit

Karl Fleischhacker (Ver- und Entsorger), stellvertretender Vertrauensleutesprecher:

"Wir bei der Stadtentwässerung München sind ein recht bunter Haufen. Ich bin seit 30 Jahren dabei, davon 25 Jahre bereits Vertrauensmann und Personalrat. Einen Betrieb wie den unseren ohne aktive Gewerkschafter kann ich mir gar nicht vorstellen. Dabei war uns schon immer ziemlich egal, wer welche Funktion ausfüllt, Hauptsache, wir sind als Team schlagkräftig. Und aus Erfahrung kann ich sagen, wenn früher vorrangig wichtig war, dass wir möglichst viele waren, die auch mal draufhauen konnten, so ist in den Jahren eines noch zusätzlich wichtig geworden: Du brauchst darüber hinaus Leute, die das Ganze auch gut zu Papier bringen können. Da sind wir in der guten Situation, dass wir seit 1990, als Roland noch ein ganz Junger war, unseren Verwaltungsbeamten im Team haben. Den haben wir dann auch nicht lange gefragt, den haben wir einfach gewählt. Da sind wir geradeaus - echte Entwässerer halt."

Anton Gambs (Kraftfahrer), stv. Personalratsvorsitzender:

"Als wir 1999 beinahe privatisiert worden wären, zeigte sich recht schnell, dass man auch mal um seinen Betrieb kämpfen muss. Um den Betrieb und somit um unsere Arbeitsplätze! Das konnten wir nur erreichen, weil wir Arbeiter entschlossen waren. Aber auch, weil wir viel geschrieben haben. Und da braucht man sie halt, die ‚Schreibtischtäter‘. Ich darf das sagen, denn als teilfreigestellter Personalrat verbringe auch ich viel Zeit am Schreibtisch. Wir sollten kurze Zeit später verleast werden. Nach Amerika! Also praktisch gesehen nach Amerika verkauft werden. Da haben wir richtig geschäumt. Und wieder mussten wir viel unternehmen. Und viel schreiben. Ohne dass wir unsere Argumente zu Papier gebracht hätten, wär ́s wohl nicht gegangen. Und dies ging nur gemeinsam. Ich bin auch Fußballschiedsrichter. Beim ‚Pfeifen' sieht man auch ganz schnell, welche Mannschaft es verstanden hat, die Positionen mit den ‚Richtigen' zu besetzen. Und eins ist auch klar: Gemeinsam verliert oder gewinnt man."

Heinz Harbeck (Verwaltungsangestellter), Personalratsvorsitzender:

"Die Liberalisierungs- und Privatisierungsdiskussion hat uns vor etwa acht Jahren voll erfasst. Die Frage war, wie sollen wir als Beschäftigte eines öffentlich-rechtlichen Betriebs damit umgehen. Uns wurde schnell bewusst: Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt. Also wollten wir uns nach Kräften wehren. Das Ergebnis intensiver Vorbereitungen war am 1. Juli 2002 die Gründung der Bürgerinitiative ‚WasserAllianz München - aktiv gegen Privatisierung'. Gründungsorganisationen sind ver.di München, attac München und der Bund Naturschutz in Bayern. Diese Gründung war natürlich nur möglich, weil wir eine engagierte und motivierte Vertrauensleutetruppe haben und ihr Sprecher, Roland Groß, stets als Bindeglied zwischen Personalrat und ver.di-Vertrauensleuten fungiert."

Josef Seier, Kanalarbeiter:

"Den Roland kenn ich schon sehr lange. Wir beide waren schon bei so mancher gewerkschaftlichen Aktion dabei. Auch bei Streiks. Da ist es für mich als Arbeiter schon gut zu wissen, dass sich nicht alle Beamten ausklinken, wenn es darauf ankommt. Vielleicht ist in dieser Hinsicht unser Roland tatsächlich eine Ausnahme. Schön finde ich, dass wir in unserem Vertrauensleutegremium keinen Unterschied machen, wer was ist, sondern uns als Kollegen zur Seite stehen."