Der Briefmarkt in Deutschland wird jetzt komplett liberalisiert – EU-weit als einer der ersten

Am 31. Dezember dieses Jahres endet die Exklusivlizenz der Deutschen Post AG für Briefe unter 50 Gramm. Damit ist der gesamte Postmarkt in Deutschland frei gegeben. "Dieser Teil macht mit fünf Milliarden Euro die Hälfte des deutschen Marktes aus", sagt Claus Zanker, Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft Input Consulting GmbH. Sie hat unter anderem für ver.di die Beschäftigungsbedingungen der Briefzusteller bei privaten Zustelldiensten untersucht.

Bisher konnten private Zustelldienste nur dann im Markt für Briefe unter 50 Gramm tätig werden, wenn sie besondere Qualitätsmerkmale bieten konnten. Dazu zählte beispielsweise, dass Briefe abends abgeholt und schon am nächsten Tag zugestellt werden. Oder dass die Sendung jederzeit nachverfolgt werden kann. Zu den bereits jetzt bundesweit tätigen Wettbewerbern zählen beispielsweise die PIN AG oder TNT. Zanker schätzt, dass die Wettbewerber der Post in fünf bis sechs Jahren einen Marktanteil von insgesamt 20 bis 25 Prozent haben könnten.

Nische in Qualität und Dienstleistung

Befürchtet wird, dass der entstehende Wettbewerb im Wesentlichen auf Kosten der Beschäftigten geführt wird. Denn zwei Drittel der entstehenden Kosten sind Personalkosten. Doch da wird der tarifliche Mindestlohn jetzt eine Untergrenze einziehen. "Jetzt müssen sich die Wettbewerber bei Qualität und Dienstleistung eine Nische suchen", sagt Zanker. Privatkunden werden von der Marktöffnung wenig spüren. Sie sind in erster Linie als Empfänger betroffen. Auch Preissenkungen werden wenig Wirkung für sie haben: Nur sechs bis sieben Euro gibt ein Privatkunde pro Jahr durchschnittlich für Porto aus. Deswegen werden vor allem Firmen davon profitieren, denen die Postkonkurrenten speziellen Service anbieten können.

Deutschland zählt zu den ersten Ländern der EU, die den Briefmarkt komplett freigeben. Die EU hatte gerade beschlossen, dass dies europaweit frühstens zum 1. Januar 2011 geschehen soll. Die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis kritisiert, dass Deutschland den deutschen Postmarkt in vorauseilendem Gehorsam einseitig auf Jahre hinaus öffnet. HLA