Der Mindestlohn für Postbeschäftigte ist der PIN AG willkommen, um eigene Fehler zu verbergen

Kaum hatten die Spitzen der Regierungskoalition den Mindestlohn für die Postdienste beschlossen, machte sich heftige Kritik breit. Die PIN AG kündigte - pünktlich zu Beginn des CDU-Parteitags in Hannover - an, von ihren 9000 Beschäftigten mindestens 880 zu entlassen. Ihre Begründung: Der Mindestlohn. 9,80 Euro pro Stunde im Westen und acht Euro im Osten seien zu hoch, hieß es von der PIN AG in Luxemburg.

"Wir erleben den geschmacklosen Versuch der PIN Group AG, das unternehmerisch Unangenehme mit dem politisch Nützlichen zu verbinden", sagte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis. Nicht der Mindestlohn, sondern die zahlreichen Firmenaufkäufe von PIN hätten diesen unternehmerischen Akt der "Konsolidierung" ausgelöst. "Unternehmen, deren Existenz ausschließlich davon abhängt, die gezahlten Löhne mit Sozialleistungen aufzustocken, werden vom Markt verschwinden", sagte Kocsis.

Managementfehler der Vergangenheit

Ähnlich äußerte sich auch Jürgen Richter, ehemaliger Vorstandschef der Axel Springer AG, die seit dem Sommer Mehrheitseigner der PIN AG ist, gegenüber dem ARD-Magazin Report Mainz: "Es gefällt mir nicht, dass man hier versucht, Managementfehler, die in der Vergangenheit passiert sind, auf die Politik abzuwälzen. Man sollte eingestehen, dass man bei der Beurteilung des Marktes und der Zukunftschancen Fehler gemacht hat." Mehr als 500 Millionen Euro hatte der Verlag im Sommer für die Mehrheit an dem privaten Zustelldienst bezahlt. Kritiker wiesen darauf hin, dass es von Anfang an operative Schwierigkeiten gegeben habe.

Anfang Dezember war von einer Insolvenz der PIN AG die Rede. Am 10. Dezember entschied der Springer-Aufsichtsrat, erneut Milionenbeträge in die Zustellfirma zu stecken. Damit ist die drohende Insolvenz noch nicht vom Tisch, denn auch die Minderheitsgesellschafter sollen noch Geld nachschießen. Endgültig entschieden werden soll erst nach den Abstimmungen über den Mindestlohn in Bundestag (13. Dezember) und Bundesrat (20. Dezember). Beide finden nach dem Redaktionsschluss von ver.di publik statt.hla

Das Lohndumping-Kartell

Lange dauerte der Kampf für den Postmindestlohn. Er wurde erbittert geführt, auch über die Medien. Was dabei nicht so deutlich wurde: Der Axel-Springer-Verlag (Bild-Zeitung) hält die Mehrheit an der PIN AG. Und so war es die Lobbyarbeit der Großverlage, die dafür sorgte, dass der Mindestlohn so lange verzögert wurde. Deswegen ist das Buch auch nach der Festlegung der unteren Lohngrenze für die Postbeschäftigten lesenswert. Es zeigt deutlich, wie der Lobbyismus Einfluss nimmt und welche Interessen der Großverlage dahinter stecken.

Uli Röhm, Wilfried Voigt, VSA-Verlag, Hamburg,

96 Seiten, 7,80 €