Niedriglohn

Falsche Zahlen

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat eine Untersuchung veröffentlicht, nach der nur wenige Menschen von der Einführung eines Mindestlohns in Deutschland profitieren würden. Nach DIW-Angaben haben 3,7 Millionen Menschen ein Einkommen, das unter 7,50 Euro pro Stunde liegt. "Die Zahlen sind falsch", sagt Michael Schlecht, der beim ver.di-Bundesvorstand den Bereich Wirtschaftspolitik leitet. In den DIW-Berechnungen fehlten alle Beschäftigten, die in einem Nebenjob weniger als 7,50 Euro pro Stunde verdienen. Außerdem sei der Monat mit 28 Tagen gerechnet worden. Dadurch steige ein durchschnittliches Stundeneinkommen. Schlecht geht von 5,5 Millionen Niedriglöhnern aus - eine Zahl, die auch das Institut für Arbeit und Qualifikation an der Uni Duisburg-Essen bestätigt.

http://wipo.verdi.de


Entsendegesetz

Mindestlohn für Zeitarbeit

Die DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit hat Mitte Februar mit dem Bundesver-band Zeitarbeit und dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) den Tarifvertrag für Mindestarbeitsbedingungen in der Zeitarbeitsbranche überreicht. Gleichzeitig wurde die Aufnahme der Branche in das Entsendegesetz beantragt. Jetzt kann das Ministerium den allgemeinverbindlichen Mindestlohn für Zeitarbeitsunternehmen festsetzen. www.dgb.de


Urteil

Christen nicht tariffähig

Das Arbeitsgericht Berlin hat aus formellen Gründen eine Klage zurückgewiesen, in der es um die Feststellung der fehlenden Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit ging (az 54 bv 13961/06). Allerdings ließ das Arbeitsgericht in der mündlichen Anhörung Zweifel daran erkennen, dass die Tariffähigkeit gegeben sei. Hintergrund ist, dass sich die Arbeitgeber der Zeitarbeitsbranche gern auf Tarifverträge mit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften berufen, die meist schlechtere Bedingungen enthalten. Der DGB spricht von "unrechtmäßigen Dumpingtarifverträgen".


Gleichberechtigung

EU will Nachbesserung

Der EU-Kommission gehen die deutschen Vorschriften zur Gleichberechtigung am Arbeitsplatz nicht weit genug. Ende Januar forderte die Brüsseler Behörde die Bundesregierung auf, mehrere Punkte zu klären. Kritisiert wurde, dass die Beschwerdefrist mit zwei Monaten zu kurz sei. Außerdem decke das nationale Recht gegen Diskriminierungen keine Beschwerderechte bei Entlassungen ab. Auch Behinderte und ältere Arbeitnehmer/innen seien nur unzureichend geschützt.


Kinderarbeit

Zertifikat gefordert

Hamburg will öffentliche Aufträge künftig nur noch an Firmen vergeben, die per Zertifikat belegen, dass sie keine Kinderarbeit zulassen. Die Lieferanten müssen ausdrücklich erklären, dass sie die entsprechenden Regeln der internationalen Arbeitsorganisation ILO einhalten. www.ilo.org/public/german/region/eurpro/bonn/ilo_kernarbeitsnormen.htm


Arbeitsmarkt

Teilzeit nimmt weiter zu

35,3 Millionen Beschäftigte gibt es derzeit in Deutschland. Jeder dritte von ihnen arbeitet Teilzeit. Damit hat sich die Zahl der Teilzeitbeschäftigten in den vergangenen zehn Jahren fast verdoppelt. Das hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) festgestellt. Allein von den knapp 600000 zusätzlichen Stellen, die 2007 geschaffen wurden, sind nur knapp die Hälfte Vollzeitstellen. www.iab.de

MINDESTLOHN

Erhöhung zum Jahresbeginn

In 20 der 27 EU-Mitgliedsstaaten gelten allgemeine gesetzliche Mindestlöhne. Zwölf von ihnen haben sie mit Jahresbeginn erhöht. Hinzu kommt, dass Großbritannien, Frankreich und Irland sie bereits im Sommer beziehungsweise Herbst aufgestockt haben. Damit liegen sie in westeuropäischen Euro-Ländern klar über acht Euro. In Südeuropa jedoch zwischen 2,55 und 3,80 Euro. In den mittel- und osteuropäischen Ländern sind die Mindestlöhne am niedrigsten. Allerdings holen die meisten Ländern auf. In Polen, Bulgarien, Rumänien und den baltischen Staaten stiegen sie um bis zu 33 Prozent. www.boeckler.de


HARTZ IV

Klagen nehmen weiter zu

Auch drei Jahre nach der Einführung von Hartz IV nimmt die Zahl der Klagen gegen die Auswirkungen der Arbeitsmarktreform weiter zu. Nach Angaben des Bundessozialgerichts sind 2007 in der ersten Instanz 153858 Klagen eingegangen. Das sind 32 Prozent mehr als im Vorjahr. In den meisten Fällen geht es um Bedarfsberechnung und Fragen, ob bestimmte Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld angerechnet werden müssen. www.bsg.bund.de

Siehe Kommentar Seite 15


VER- UND ENTSORGUNG

Verstoß gegen Grundgesetz

Ab 2009 will die Bundesnetzagentur die Netzentgelte für Strom und Gas mit mit der so genannten Anreizregulierung bestimmen. Damit wird den Netzbetreibern bis 2017 ein verbindlicher Reduzierungspfad vorgegeben, um den von ihnen beeinflussbaren Teil der Kosten zu senken. Dazu gehört ein individueller Anteil, der im Vergleich mit dem Kostengünstigsten ermittelt wird. ver.di-Bundesvorstandsmitglied Erhard Ott berichtet von Vergleichen etwa der Bruttopersonalkosten von einem Anbieter, der einen Haustarifvertrag abgeschlossen hat, mit anderen, die unter den TVV fallen. Nimmt die Behörde letztere als Maßstab, sieht Ott darin einen Eingriff in die Tarifautonomie - und darin einen Verstoß gegen das Grundgesetz. http://ver-und-entsorgung.verdi.de/


AUSZEICHNUNG

Friedenspreis für Aguayo

Der US-amerikanische Kriegsdienstverweigerer Agustín Aguayo hat Ende vergangenen Jahres den Stuttgarter Friedenspreis erhalten. Der Sanitätssoldat erlebte 2004 die Grausamkeit des Krieges und stellte vergebens einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer. Als er 2007 ein zweites Mal in den Irak sollte, desertierte er, stellte sich aber freiwillig der Militärpolizei. Auch ver.di publik berichete im April 2007 über diesen Fall. Mittlerweile ficht er vor dem höchsten US-Gericht seine Ablehnung als Kriegsdienstverweigerer an.