Wer den Müll abholt

Entscheidung gefallen: Die Stuttgarter Müllabfuhr wird nicht privatisiert

Gemeinsam haben ver.di und der Personalrat des kommunalen Eigenbetriebs Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) Front gegen die Pläne gemacht, die Müllabfuhr in der Stadt zu privatisieren. Mit Erfolg: Die schrittweise Privatisierung konnte abgewendet werden.

Mit einer Postkartenaktion war die Bevölkerung mobilisiert worden, 20000 Unterschriften wurden gesammelt. In einem offenen Brief an Kommunalpolitiker griffen ver.di und der Personalrat in die Debatte ein.

Pro und Contra

Im Vorfeld der Entscheidung hatten zwei Gutachten die Betroffenen polarisiert. Karl-Heinz Wehking, Professor an der Fakultät für Maschinenbau der Universität Stuttgart, errechnete im Sinne des bürgerlichen Blocks im Gemeinderat einen Kostenvorteil von knapp sechs Millionen Euro im Jahr zugunsten privater Mülltransporteure. Das Berliner Beratungsunternehmen Stobbe, Nymoen und Partner Consult (SNPC) kam in seinem Gutachten zu einem gegenteiligen Schluss. Die Berliner Experten schlugen eine Optimierung des städtischen Eigenbetriebs vor.

Die gewerkschaftlichen Müllwerker nahmen beide Gutachten unter die Lupe. An dem Wehking-Papier ließen sie kein gutes Haar. Das Gutachten strotze nur so von inhaltlichen und fachlichen Fehlern. Das genannte Einsparvolumen sei "völlig unrealistisch", der Vorschlag zur Privatisierung sei "nicht tragbar und werde auf den heftigsten Widerstand von ver.di, des Personalrats und der Belegschaft stoßen." Der Kostenvorteil durch Privatisierung sei nur durch verlängerte Arbeitszeit (entgegen bestehenden Tarifverträgen) und Lohndumping zu erreichen. Für die Stadt sei das aber fragwürdig. Wenn Müllwerker mit Niedriglöhnen arbeiteten, müsse die Stadt sie vielleicht mit Transferleistungen unterstützen.

Wie die Berliner Gutachter kamen der Stuttgarter ver.di-Bezirksgeschäftsführer Bernd Riexinger und Personalrat Reinhard Hanselmann zu dem Schluss: "Der kommunale Eigenbetrieb hat gegenüber der privaten Konkurrenz einen Kostenvorteil. Allein Umsatzsteuer und Kapitalrendite machen ein Plus von 26 Prozent aus. Erfahrungen anderer Kommunen in Nordrhein-Westfalen, aber auch in Baden-Württemberg, beispielsweise in Böblingen, haben dazu geführt, die ursprünglich privatisierte Entsorgung wieder in die Kommunen zu übernehmen."

Riexinger und Hanselmann betonten, ver.di sperre sich nicht gegen die Optimierung von Abläufen, wohl aber dagegen, dass weiteres Sparen auf Kosten der Beschäftigten gehe. ver.di ist nicht bereit, Sparmaßnahmen zuzustimmen, "die auf die Knochen der Kollegen gehen."

Die Entscheidung

Am 23. Januar entschieden die Stadträte, die Abfallwirtschaft als Eigenbetrieb zu erhalten. Ein kleineres Gemeinderatsgremium soll Vorschläge machen, wie die AWS künftig wirtschaftlicher arbeiten kann und weniger Gebühren produziert.WERNER JANY