Viertägige Warnstreiks im Smurfit Kappa Werk brachten Tarifvertrag und neue Mitglieder

Heppenheim: ein Hoch auf den Warnstreik

VON RENATE BASTIAN

Am Nachmittag des 29. September waren die Verhandlungen über einen Haustarifvertrag wieder aufgenommen worden. ver.di und Vertreter des papierverarbeitenden Konzerns Smurfit Kappa trafen sich dazu im südhessischen Heppenheim. Immer häufiger entwickeln sich Tarifauseinandersetzungen zu einem Kampf zwischen David und Goliath. So auch in Heppenheim, wo die Beschäftigten gegen einen internationalen Giganten antraten. Auf der einen Seite standen 120 Beschäftigte, die Hälfte davon Frauen, 20 Leiharbeiter. Auf der anderen Seite stand ein weltweit agierender Konzern, der 400 Werke in 30 Ländern kommandiert und allein in Deutschland über 46 Werke mit weit über 5000 Beschäftigten verfügt. 25 deutsche Betriebsstätten sind Wellpappewerke, ein Teil der Smurfit Kappa Werke ist nicht tarifgebunden. Wie Heppenheim, wo Gefache hergestellt werden. Das sind Kartonstege für die Getränkeverpackung.

Wer nicht hören will...

Mitte September waren nun die Heppenheimer in einen viertägigen Warnstreik getreten, um die Anerkennung der Tarifverträge der papierverarbeitenden Industrie per Haustarifvertrag zu erreichen. Seit Mai warteten sie auf die Auszahlung der für die Branche vereinbarten Lohnerhöhung von 3,9 Prozent. Die erhalten sie jetzt rückwirkend. Außerdem arbeiteten sie schon seit mehreren Jahren drei Stunden mehr als tariflich üblich, ohne zusätzliche Bezahlung. Drei Stunden umsonst arbeiten, das wollten die Beschäftigten nicht mehr und wenigstens für einen Teil eine Vergütung durchsetzen. Hierüber wurde nun eine Betriebsvereinbarung getroffen, nach der ab April nächsten Jahres eine 37,5-Stunden-Woche mit 2,5 Stunden unbezahlter Mehrarbeit gilt.

...muss fühlen

Die Produktion hatte aufgrund der hohen Streikbeteiligung praktisch still gestanden. Das hat den Konzern dazu bewogen, die abgebrochenen Verhandlungen wieder aufzunehmen. Bereits im August hatte eine ganztägige Arbeitsniederlegung stattgefunden. Aber erst nach den Streiktagen im September wurde ein konkreter Termin vereinbart. Der frisch gewählte Fachbereichsleiter Manfred Moos war davon überzeugt, dass die Belegschaft noch viel Puste für längere Auseinandersetzungen hatte, falls die Geschäftsleitung nicht eingelenkt hätte. Darauf weist auch die Tatsache hin, dass sich während der Auseinandersetzungen der Organisationsgrad massiv erhöht hat. Waren zuvor rund 10 Prozent der Beschäftigten bei ver.di organisiert, so sind es heute über 60 Prozent. Aus zahlreichen Betrieben des Konzerns gingen Solidaritätserklärungen ein. Auch die Internationale Grafische Föderation bekundete ihre Unterstützung.

Die Hartnäckigkeit der Heppenheimer stützt sich auch auf die glänzenden Geschäftsergebnisse der vergangenen Jahre. Uwe Hakanson, ehrenamtlicher Betriebsratsvorsitzender, formuliert es so: "Wir haben ihnen in den vergangenen Jahren sehr viel gegeben. Nun war es Zeit, etwas zurückzubekommen." Für ihn handelte es sich bei den Forderungen um ein Paket, Lohnerhöhung und bezahlte Mehrarbeit. Er verweist darauf, dass die Arbeit in dem Gefache-Werk körperlich sehr hart ist. Man kann dort nur mit Gehörschutz arbeiten und die Hitze ist enorm. Das gilt auch für die Frauen, die die ausgestanzten Kartonstege bündeln. Das Ergebnis der Verhandlungen bewertet der 54-Jährige so: "Nach 40 Jahren ist die Tarifbindung jetzt sicher."