Der Erbschaftssteuerkompromiss wirkt sich insbesondere für Unternehmen positiv aus

So macht man Erben glücklich

VON HEIKE LANGENBERG

Nach fast zweijährigen Verhandlungen haben sich die drei Regierungsparteien CDU, CSU und SPD Anfang November auf einen Kompromiss zur Erbschaftssteuer geeinigt. Das wurde auch Zeit, denn bis Ende dieses Jahres muss die Regierung nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes die Erbschaftssteuer neu regeln. Das Gericht hatte mehr Transparenz und Gerechtigkeit verlangt, indem etwa Immobilien und Betriebsvermögen höher bewertetet werden sollten.

Den vorliegenden Kompromiss bezeichnete der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske als "großzügiges Steuergeschenk unter dem durchsichtigen Vorwand angeblicher Arbeitsplatzerhaltung". So ist vorgesehen, dass Erben von Firmen steuerfrei bleiben, wenn sie den Betrieb mindestens zehn Jahre fortführen und die Arbeitsplätze erhalten. Dabei müssen 90 Prozent des Betriebsvermögens in der Produktion gebunden sein.

Die Unternehmerlobby habe erreicht, dass sich selbst Erben ganzer Firmenimperien der Erbschaftssteuer entziehen könnten, kritisierte Bsirske. "Dabei ist mir kein einziger Fall bekannt, in dem die Fortführung eines Betriebes an der Erbschaftssteuer gescheitert ist", sagte der ver.di-Vorsitzende. Denn schon die Regierung von Helmut Kohl (CDU) hat große Vergünstigungen für das Vererben von Betrieben eingeführt. In Deutschland lag die Erbschaftssteuerbelastung eines Unternehmens mit einem Marktwert von 4,4 Millionen Euro bei vier Prozent. In Frankreich liegt sie dagegen bei 16 Prozent, in den Niederlanden bei 25 Prozent und in den USA sogar bei 36 Prozent.

Bsirske spricht sich jetzt umso dringlicher dafür aus, eine Vermögenssteuer auf Großvermögen einzuführen. Gerade den Reichsten dürfe nicht Tür und Tor geöffnet werden, sich an der Finanzierung von Bildung und anderen Zukunftsinvestitionen vorbeizumogeln. "Die fortschreitende Spaltung der Gesellschaft in Reich und Arm wird durch solche Steuerprivilegien noch begünstigt", sagte der Gewerkschafter. ver.di fordert schon seit langem eine gerecht reformierte Erbschaftssteuer.

Diese würde dem Staat Mehreinnahmen von sechs Milliarden Euro pro Jahr bringen. Der ver.di-Bereich Wirtschaftspolitik verweist auf Schätzungen, nach denen pro Jahr 150 bis 250 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt werden. Das Aufkommen aus der Erbschaftssteuer liegt derzeit bei rund vier Milliarden Euro - das entspricht einer Besteuerung von durchschnittlich zwei Prozent. Michael Schlecht, Leiter des Bereichs Wirtschaftspolitik beim ver.di-Bundesvorstand, befürchtet, dass sich das Aufkommen aus der Erbschaftssteuer durch die Reform halbiert.

Privilegien für Reiche

Die Freibeträge für selbst genutztes Wohneigentum hält er für eine "Privilegierung von Reichen und Superreichen". Witwen und Witwer können Wohneigentum steuerfrei erben oder geschenkt bekommen, wenn sie es zehn Jahre lang weiter bewohnen. "Das bedeutet, dass sie auch ein Schloss erben könnten, ohne dafür zu zahlen", kritisiert Schlecht. ver.di setzt sich dafür ein, das Erbe von selbst genutztem Wohneigentum "im üblichen Rahmen" freizustellen. Und der liege bei einer Immobilie im Durchschnitt bei 300000 bis 400000 Euro.

Die Erbschaftssteuerreform soll Anfang 2009 in Kraft treten, wenn Bundestag und Bundesrat zustimmen. Die CSU hat aber bereits angekündigt, dass sie das Thema spätestens im Falle eines Regierungswechsels bei der Bundestageswahl 2009 erneut auf die Tagesordnung setzen will. Die Partei will mit einem anderen Koalitionspartner eine Regionalisierung der Erbschaftssteuer erreichen. Danach soll vererbtes Wohneigentum regional unterschiedlich hoch besteuert werden. ver.di lehnt eine Regionalisierung ab.

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