Ausgabe 12/2008
Vorstand spart Post kaputt
ver.di fordert: Stoppt den Wahnsinn bei der Zustellung!
Keine Schaukelpferde: Proteste in Bremen
Die Zustände in der Postzustellung werden immer katastrophaler. Einerseits bleiben Briefe, Tageszeitungen, Pakete und andere Sendungen aus Personalmangel liegen. Andererseits müssen immer mehr Postzusteller/innen immer öfter die Zustellung abbrechen, weil die Postmengen selbst in der gesetzlichen Höchstarbeitszeit von zehn Stunden nicht zu bewältigen sind.
"Die Post rationalisiert ohne Rücksicht auf Verluste, so dass immer weniger Zusteller immer größere Postmen?gen austragen müssen. Die Sparvorgaben werden dreister. Dadurch fehlt Personal an allen Ecken und Enden", sagt Jürgen Wolf, Leiter des ver.di-Fachbereichs Postdienste für Niedersachsen-Bremen, zur "Sparpolitik" der Post.
Gegen Überstundenberge
"Stoppt den Wahnsinn" - unter diesem Motto protestierten bei einer bundesweiten Konferenz in Bremen über 800 Betriebsräte und Zusteller/innen gegen die Personalpolitik des Postvorstands. Nach Recherchen von ver.di bleibt die Post unter anderem des?- halb liegen, weil die Personaldecke so dünn ist, dass normale Personalausfälle nicht mehr kompensiert werden können.
Wie die Beschäftigten behandelt werden, ist skandalös. Durch die ständige Anordnung von Mehrarbeit wachsen die Überstundenberge. Allein in den vier Briefniederlassungen in Niedersachsen und Bremen sind noch rund 500000 Überstunden auszugleichen. Dafür könnten mindestens 500 Vollzeitbeschäftigte auf Dauer zusätzlich eingestellt werden.
Öffentlich werden diese Zustände von der Post seit Monaten heruntergespielt. Es seien bedauerliche Einzelfälle und individuelles Fehlverhalten, heißt es. Auch angeblich mangelnde Belastbarkeit der Beschäftigten wegen der überhöhten Krankenquote von sechs Prozent muss für die Probleme herhalten. "Die Ursachen für das Zustellchaos liegt allein darin, dass der Postvorstand das Milliarden-Defizit im US-Geschäft durch unverantwortliche Sparmaßnahmen im nationalen Briefbereich zu kompensieren versucht. So werden Kunden und Beschäftigte in Deutschland zu Opfern der desaströsen Expansionspolitik der Post in den USA", erklärt Jürgen Wolf.
Es ist ein Skandal, dass ein Weltunternehmen mit Milliarden-Gewinnen im nationalen Briefbereich offenbar nicht willens ist, ausreichend Personal einzustellen, um eine gute Zustellung aller Sendungen zu gewährleis?ten und zugleich Arbeitsplätze zu sichern. Der Briefbereich trägt als größter Gewinnbringer der Post 40 Prozent zum Überschuss des Unternehmens bei, macht aber nur 25 Prozent des Umsatzes aus. Damit ein Desaster in der Postzustellung verhindert werden kann, fordert ver.di die Verkleinerung der Zustellbezirke, ausreichend Personal, den Ausgleich der Überstunden und die Erhöhung des Personalbudgets. Jürgen Wolf betont: "Wer Millionengehälter erhält, muss mit Weitsicht die Zukunft sichern und nicht mit Irrsinn am derzeitigen Wahnsinn festhalten. Wir fordern deshalb Qualität statt Quälerei!"
Tropfen auf den heißen Stein
1000 befristet eingestellte Zusteller sollen die Not bundesweit lindern. "Ein Tropfen auf den heißen Stein" sei dies, kommentiert Wolf. ver.di fordert mindestens 10000 zusätzliche Stellen. Der Postvorstand habe aber den Ernst der Lage inzwischen doch erkannt und sei bereit, tatsächliche Lücken zu schließen und mit ver.di darüber zu sprechen.