Nicht mehr genug zu tun für die Hafenarbeiter

Lösung für viele Hafenarbeiter in Bremen und Bremerhaven gefunden

Sie verhandelten in einer Gaststätte, doch was dabei herauskam, war alles andere als eine Schnapsidee: Gewerkschafter und Hafenumschlagsbetriebe im Land Bremen haben sich auf eine Art Solidarpakt geeinigt, der die Entlassung von 550 Beschäftigten des Gesamthafenbetriebsvereins (GHB) verhindert.

Der GHB ist ein Arbeitskräftepool, der die Schwankungen beim Personalbedarf der Hafenbetriebe ausgleicht. Zum Jahreswechsel beschäftigte er noch 2700 Menschen in Bremen und Bremerhaven. Dann aber erreichte die Weltwirtschaftskrise auch die Häfen, und für die GHB-Kräfte war nicht mehr genügend Arbeit da. Für die Hafenfirmen war es zu der Zeit schon schwierig genug, das eigene Personal noch sinnvoll einzusetzen (ver.di Publik 4/2009). Deshalb plante der GHB notgedrungen, die Belegschaft bis zum Jahresende auf 1100 Leute zu verkleinern, um nicht Insolvenz anmelden zu müssen.

Verzicht auf Überstunden

Doch auf Initiative des Bremer SPD-Landesvorsitzenden Uwe Beckmeyer setzten sich alle Beteiligten gemeinsam mit Wirtschaftssenator Ralf Nagel, SPD, und Vertretern der Arbeitsagentur an einen Tisch und fanden schon nach zwei Verhandlungsrunden eine solidarische Lösung. Die Hafenbetriebe verzichten auf Überstunden für ihr eigenes Personal, vergeben Wochenend-Schichten an den GHB statt an die Stammbelegschaft und setzen teilweise mehr Beschäftigte auf Kurzarbeit, als es für sie selbst eigentlich nötig wäre. So wird Arbeitsvolumen für den Gesamthafenbetriebsverein geschaffen, der dadurch auf 550 Entlassungen verzichten kann.

Außerdem zahlen die Hafenbetriebe künftig mehr Geld in eine Garantielohnkasse ein, aus der die GHB-Beschäftigten auch dann ihren Tariflohn enthalten, wenn sie gerade nicht im Hafen gebraucht werden. Im Gegenzug ist ver.di bereit, über maximal 15-prozentige Leistungskürzungen für die GHB-Beschäftigten zu verhandeln, wie es ein Tarifvertrag für Notlagen vorsieht.

Harald Bethge, Leiter des Fachbereichs Verkehr im ver.di-Landesbezirk Niedersachsen-Bremen, hält es für "sehr, sehr positiv, dass jetzt alle an einem Strang ziehen. Das zeigt mal wieder, dass die Leute im Hafen, wenn es hart auf hart kommt, alle zusammenstehen - über die Betriebsgrenzen hinweg."

Vorsichtiger Optimismus

Einer, der möglicherweise von dem Pakt profitiert, ist Nils Wehner. Der 37-jährige Containerbrückenfahrer arbeitet erst seit 2005 beim GHB und hatte deshalb befürchtet, zu den ersten zu gehören, denen gekündigt wird. Jetzt hofft er aber, dass er doch bleiben kann. Nils Wehner merkt bereits, dass er wegen des Überstundenverzichts der anderen Firmen wieder häufiger zu Schichten eingeteilt wird. "Ich finde es toll, dass die Betriebsräte das so hingekriegt haben", sagt er zur Solidarität im Hafen.

Schmerzlich bleibt allerdings, dass sich der GHB trotzdem noch von allen 800 befristet Beschäftigten und etwa 200 Festangestellten trennen muss. Für die Festangestellten erwägt die Arbeitsagentur, eine Qualifizierungsgesellschaft zu gründen. Für die anderen will die Agentur nach individuellen Lösungen suchen, wie der Bremer Behördenchef Hans-Uwe Stern bei den Verhandlungen versprach.

Großen Anteil am Solidarpakt hat die überwiegend städtische Umschlagsfirma BLG. Ihr Chef Detthold Aden verbreitet inzwischen vorsichtigen Optimismus: Die für die Häfen günstige Globalisierung werde weitergehen. Sie sei "kein Rennwagen, der gegen die Wand geknallt ist und nun verschrottet wird", sagte Aden in einem Interview. "Sie stottert zurzeit nur."Eckhard Stengel