ver.di und Gesamtbetriebsräte fordern Kurskorrektur

Arcandor unterm Schirm?

Beim Handels- und Touristikkonzern Arcandor gibt es neue Turbulenzen. Seit Vorstandschef Karl-Gerhard Eick im März das Steuer übernommen hat, wird für die Töchter Karstadt und Primondo (Quelle) der Kurs neu bestimmt. Verschont bleibt die gewinnstarke Urlaubssparte Thomas Cook. Betroffen sind unter anderem zwölf City-Warenhäuser und 115 Quelle-Technikcenter. Sie sollen in einem neu zu schaffenden Unternehmensbereich separat "entwickelt" werden. Die Optionen reichen vom Verkauf bis zur Schließung. Dagegen regt sich Unmut, auch die Betriebsräte und ver.di äußern Kritik. "Wir können nicht zulassen, dass 12500 Beschäftigte von uns getrennt und abgewickelt werden", schrieb der Karstadt-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Hellmut Patzelt an Karl-Gerhard Eick.

Der Riese schwächelt

Auf der Mai-Demonstration in Hamburg und anderswo zeigten "Karstädter" mit eigenen Losungen, dass sie für die Zukunft des Warenhauses kämpfen. In der Essener Zentrale laufen die Telefonleitungen heiß. "Wie können Sie ruhig schlafen, wenn Sie mit meinen Existenzängsten spielen", fragen Beschäftigte den Vorstand. Das Eick-Programm, mit dem der schwächelnde Riese konsolidiert werden soll, ist seit April bekannt. Kurzfristig wird damit auch um Vertrauen der Banken gebuhlt, denn im Juni müssen Kredite in Höhe von 650 Millionen Euro verlängert oder refinanziert werden. Keine leichte Aufgabe. Zusätzlich nannte die Konzernspitze einen Finanzierungsbedarf von bis zu 900 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre. Eine Bundes- oder Landesbürgschaft könnte helfen, Sondierungen hat es schon gegeben. Bereits im Herbst hatten die Angestellten von Karstadt und Primondo den Konzern mit einem "Zukunftspakt" gerettet. Darin verzichten sie auf 345 Millionen Euro. Ein von ver.di für drei Jahre vereinbarter Sanierungstarifvertrag mit Arcandor sieht im Gegenzug weitgehende Standort- und Beschäftigungssicherung vor. Die jetzt geplante Spezialbehandlung einiger Unternehmensteile schafft Misstrauen. Auch das erklärt die aktuelle Empörung.

Die Beschäftigten haben ihren Beitrag geleistet, darüber sind sich ver.di und die Gesamtbetriebsräte von Karstadt und Primondo einig. "Wir werden das Programm auch Punkt für Punkt auf mögliche negative Auswirkungen für die rund 86000 Beschäftigten überprüfen", sagt die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Margret Mönig-Raane. Künftig will sich Arcandor auf das "profitable Kerngeschäft" konzentrieren; das sind 81 Karstadt-Filialen und 27 Sporthäuser. Für Überraschung sorgte der Vorstandschef, weil er die Top-Häuser KaDeWe in Berlin, Alsterhaus in Hamburg und Oberpollinger in München nicht mehr zum Kerngeschäft zählt. Die drei Premium-Häuser zu verkaufen, das sieht Margret Mönig-Raane als "grundlegende Fehlentscheidung" an. Dem früheren Management wirft sie vor, den Warenhausbereich vernachlässigt zu haben. "Wenn vernünftig investiert wird, in Ideen wie in Personal, sind Warenhäuser auf jeden Fall zukunftsfähig."ANDREAS Hamann