Generation Praktikum

Zappeln wie die Flunder

Unfaire Beschäftigungen nehmen zu

Prekäre Beschäftigungsverhältnisse haben in Deutschland in den letzten Jahren zugenommen. Angesichts der zugespitzten Lage auf dem Arbeitsmarkt haben vermehrt auch Hochschulabsolvent/innen Schwierigkeiten beim Einstieg ins Berufsleben. Ohne Praktikum bestehen kaum Aussichten auf einen Arbeitsplatz. In Deutschland hat sich längst ein regelrechter Praktikanten-Markt herausgebildet. Anforderungen: hoch qualifiziert, extrem flexibel in der Arbeitszeit, keine Ansprüche in Bezug auf Entlohnung oder soziale Standards. Und keine Angst vor dem Weg in die Praktikaschleife.

Nehmen wir die Medienbranche mit ihren vielen prekären Arbeitsverhältnissen. Vor allem im Rundfunk und Fernsehen, dem Pressebereich, aber auch in der Verlagswirtschaft sind sie üblich. Noch vor einigen Jahren war das Volontariat ein Türöffner für den Einstieg in den journalistischen Beruf. Mittlerweile sollen junge Menschen ein oder mehrere Praktika absolvieren, um anschließend eventuell einen Volontariatsplatz zu ergattern. Die Einstiegsphase wird immer länger. Und gerade bei den Medien ist die Konkurrenz groß.

Fragt man Praktikant/innen nach ihrer Einschätzung, so ist die Bandbreite weit: "Eine sehr wertvolle und interessante Erfahrung", kann man hören. Aber auch: "Mit der Hoffnung, nach diesem Praktikum tatsächlich ein Volontariat zu bekommen, ködert man Studenten. Ständig kommen neue, alle mit der gleichen Hoffnung."

Tipps für Betroffene

Das Praktikum sollte in erster Linie dazu dienen, berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen zu erwerben. Es empfiehlt sich, einen schriftlichen Vertrag abzuschließen, in dem auch Ablauf und Inhalt des Praktikums festgelegt sind. Am Ende sollte man ein Zeugnis erhalten, welches die Art der Tätigkeit, deren Beginn und deren Dauer enthält. Zudem sollte es die Leistung während des Praktikums qualifiziert bewerten, die Tätigkeitsschwerpunkte aufführen und exakt formuliert sein. Gibt es Schwierigkeiten im Betrieb, kann man sich als Praktikant/in natürlich auch an den Betriebs- oder Personalrat wenden. Er vertritt die Interessen aller Beschäftigten.

Aber schließlich muss man als Praktikant/in auch von irgendetwas leben. Zwar handelt es sich in erster Linie um ein Lernverhältnis, trotzdem ist eine angemessene Vergütung angebracht. Bislang gibt es hierzu noch keine verbindliche Regelung. Wenn die Vergütung aber in einem deutlichen Missverhältnis zur erbrachten Arbeitsleistung steht, könnte "Lohnwucher" vorliegen. Dann besteht ein Anspruch auf Entgelt für die erbrachte Leistung, wie es üblicherweise gezahlt wird.

Ohne Druck wird's noch schlimmer

Um "Ausbeuterpraktika" und den damit verbundenen Abbau von regulärer Beschäftigung zu verhindern, ist eine gesetzliche Regelung notwendig. Der Druck auf die Politik muss erhöht werden. Ansonsten ist in Krisenzeiten eine weitere Ausbreitung von unfairen Praktika zu befürchten.

Informationen bei Cornelia Dörries, connexx.av Frankfurt, ver.di Hessen Fachbereich Medien, cornelia.doerries@connexx-av.de

Anja Willmann, DGB Jugend Südhessen, anja.willmann@dgb.de