IT-Branche

Einzelgänger im Aufstand

Zentrale Streikkundgebung bei EDS Rüsselsheim

Von Renate Bastian

Einträchtig im Widerstand: ver.di und IG Metall

Ende Juni ist der Streik bei EDS, einem bundesweiten IT-Dienstleister, bereits in die vierte Woche gegangen. Die neuen Geschäftsführer kommen ab November von Hewlett Packard; der IT-Konzern hat sich bei EDS eingekauft. Für die Rendite ist der Abbau von 840 Arbeitsplätzen geplant. Einige Standorte sollen ganz geschlossen werden. IT-Beschäftigte, so eine Kollegin aus Rüsselsheim, seien typische Einzelgänger. Nun aber haben sie sich zusammengetan, um den Verlust ihrer Arbeitsplätze und die Verschlechterung von sozialen Standards abzuwehren.

Am 16. Juni fand der zentrale Aktionstag in Rüsselsheim statt. Die Streikenden kamen aus Leuna und Ludwigsburg, aus Bremen, Essen, Eisenach und anderen Städten. Manche reisten direkt vom Urlaub aus in den Streik. Einige wissen schon, dass ihr Standort geschlossen werden soll. Sie kamen, weil sie auch für ihre Region kämpfen wollen und weil sie die Arbeitsplätze halten wollen. Zu spüren, wie die Beschäftigten der einzelnen Standorte zusammenhalten, sich vernetzen und sich nicht gegeneinander ausspielen lassen, war imposant. In bestem Einvernehmen saßen die Mitglieder der beiden Gewerkschaften ver.di und IG Metall nebeneinander: auf der Mütze das ver.di-Zeichen, auf dem Shirt das der IG Metall - oder umgekehrt. Die sozialen Dienste, die an diesem Tag ebenfalls streikten, erhielten Besuch von EDS-Leuten und kamen gleich mit zur Kundgebung.

Da geht noch was

Die Rüsselsheimer streikten zum ersten Mal, dafür aber gleich an allen Streiktagen der vergangenen Wochen. Sie werden weiter für Aufsehen sorgen, wenn die Geschäftsleitung nicht einlenkt und Tarifverhandlungen beginnt, da sind sie wild entschlossen.

Eine EDS-Motorradgang machte Furore. Einige Tage zuvor waren die Rüsselsheimer nach Bad Homburg gebraust. Die Geschäftsleitung verriegelte alle Türen und schloss "ihre" Beschäftigen ein. Das konnte den Kontakt nur kurzfristig unterbrechen. Es hat der Geschäftsleitung auch nichts gebracht, Prämien für Streikbrecher auszusetzen. Ein Brief per Post an die Beschäftigten konnte ebenso wenig ausrichten. Die meisten waren schon im Streik und bei der Kundgebung, bevor er zu Hause ankam. Zur Abrundung des Tages gingen die Streikenden "auf den Marsch nach Kolumbien". Im Rüsselsheimer Hotel Columbia tagte die Einigungsstelle. Diesmal hatten die Geschäftsführer sich selbst eingeschlossen.

Soziale Rechte im Rucksack mitnehmen

Wenn man fragt, welches die Triebkraft in diesem Streik ist, hört man einhellig: die Sicherung der Arbeitsplätze. Außerdem wollen die EDS-Beschäftigten ihre sozialen Rechte "per Rucksack" mit in die neue Firma nehmen. Auch eine Gehaltserhöhung wäre angebracht. Immer wieder ärgern sich die Streikenden über die "Ignoranz der Geschäftsleitung", über die Demütigung durch Verweigerung von Gesprächen. Insofern hatte Lothar Schröder vom ver.di-Bundesvorstand auf der Kundgebung den Nerv getroffen, als er vom Podium rief: "Es geht hier um Anstand und Moral. Dass die EDS-Manager 200 Millionen Euro an Abfindungen kassieren und den Beschäftigten ein Tarifvertrag vorenthalten wird, passt nicht zusammen." Der Geschäftsleitung bescheinigte er "besinnungslose Ignoranz".