Für'n Appel und 'n Ei

Geringfügig beschäftigt und schlecht bezahlt – ein Zwischenbericht

Beschäftigte vor dem Haus des Arbeitgeber-Verbands Hannover

Die Bilanz zur Bundestagswahl ist niederschmetternd: Höhere Arbeitslosigkeit und schwächeres Wirtschaftswachstum als in anderen Bundesländern kennzeichnen die Lage in Niedersachsen. So liegt das Bruttoinlandsprodukt (BIP 2006) mit 11,7 Prozent oder 24 908 Euro pro Einwohner unter dem Bundesdurchschnitt. Schlimmer noch: Es gibt immer weniger normale Arbeitsverhältnisse. Die Zahl der sozialversicherungs-pflichtigen Vollzeitbeschäftigten sank zwischen 2000 und 2007 um 7,6 Prozent, in anderen westdeutschen Bundesländern waren es 5,6 Prozent. Der Anteil der Teilzeitbeschäftigung stieg in Niedersachsen in diesem Zeitraum dagegen von 15,5 auf 19,3 Prozent. Das ist das Ergebnis einer Branchenanalyse, die DGB, ver.di und NGG jetzt in Hannover präsentierten.

Die Zahl der Leiharbeitnehmer/innen stieg zwischen 1996 und 2008 von knapp 19 000 auf rund 87 000. Allein in den letzten vier Jahre hat sich die Zahl mehr als verdoppelt. Die Zahl der geringfügig Beschäftigten erhöhte sich von 2003 bis 2008 sogar von 567 445 auf 709 955. Das entspricht einem Anstieg um 25,1 Prozent gegenüber 11,7 Prozent im Bundesschnitt. Ob Friseurin oder Busfahrer, Bäckereiverkäuferin oder Wachmann - viele Menschen müssen zu Niedriglöhnen arbeiten. In Niedersachsen muss der Staat für Niedriglohn-Empfänger/innen mit Vollzeitjob über Hartz IV monatlich rund 17 Millionen Euro zuschießen. Etwa 18 Millionen pro Monat wendet er für die sozialversicherten Teilzeitkräfte auf. "Diese Zuwendungen summieren sich auf jährlich etwa 420 Millionen Euro, mit denen der Staat letztlich jene Branchen in Niedersachsen subventioniert, die ihren Beschäftigten keine existenzsichernden Löhne zahlen", kritisiert ver.di-Landesleiter Siegfried Sauer.

Mindestlohn tut gut

Im niedersächsischen Bewachungsgewerbe sind die Löhne nur geringfügig gestiegen. Im Revierwachdienst ist der Bruttostundenlohn in den vergangenen 13 Jahren nur um 16,4 Prozent und im Separatwachdienst um 20,8 Prozent gestiegen. Dies reicht jedoch nicht aus, um eine Familie zu ernähren. Zudem arbeitete ein Drittel der Bewacher 2007 in schlecht entlohnten Minijobs. Im Einzelhandel (s. Meldung) arbeiteten in Niedersachsen 2008 nach Angaben der Minijob-Zentrale rund 105 000 geringfügig Beschäftigte. Bei einer Gesamtbeschäftigtenanzahl von insgesamt knapp 305 000 lag der Anteil der Minijobber somit bei 33,9 Prozent. Sauer: "Gerade im Einzelhandel brauchen wir einen gesetzlichen Mindestlohn, damit auch die schlecht entlohnten Beschäftigten in den nicht tarifgebundenen Betrieben - das sind immerhin mehr als 50 Prozent - von höheren Löhnen profitieren." Wenn durch einen verbindlichen Mindestlohn weitere Lohnabsenkungen verhindert und Lohndifferenzen zwischen Einzelhandelsbetrieben reduziert werden könnten, würde dies erheblich dazu beitragen, Löhne und Gehälter dem zwischenbetrieblichen Wettbewerb wieder zu entziehen, so Sauer. Der Attraktivitätsverlust der geringfügigen Beschäftigung könnte den starken Abbau regulärer Beschäftigung bremsen. www.mindestlohn09.de