Mainz, morgens gegen halb acht. Ah, mein Bus! Ich krieg tatsächlich einen Sitzplatz und ab geht's. Ja der gute alte Öffentliche Personennahverkehr! Klappt doch immer noch wie eh und je. Oder? Nicht ganz. Tatsächlich wird in Rheinland-Pfalz die Chance, in einem stadteigenen Bus mit städtischem Personal zu sitzen, immer kleiner. Auf den ersten Blick sehe ich das nicht, erst auf den zweiten, sozusagen im Kleingedruckten fällt es mir auf. Ich fahre in Wirklichkeit mit Citybus wie in Mainz oder wie in Koblenz mit der KVS oder wie in Trier mit der SWT Stadtbus GmbH.

Ausgegründet

Das sind Firmen, die von Städten in ganz Rheinland-Pfalz gegründet wurden, um Kosten zu senken, Lohnkosten genauer gesagt. Die Fahrer/innen der neuen Gesellschaften arbeiten nicht zu den Bedingungen der einschlägigen Tarifverträge des Öffentlichen Dienstes und verdienen erheblich weniger als ihre Kolleginnen und Kollegen bei der Stadt. Die Muttergesellschaften mit dem "alten" Personal schrumpfen über die Jahre, weil Neueinstellungen nur noch von den privatrechtlich organisierten Firmen vorgenommen werden. Deren Anteil am Streckennetz wird immer größer. Ein weiterer Nebeneffekt: Wenn die Beschäftigten der Kommunen streiken, wie im Frühjahr 2008, stehen Busse und Straßenbahnen der Muttergesellschaften still. Die Privaten fahren, weil sie ja entweder Haustarife haben oder im Arbeitgeberverband des privaten Verkehrsgewerbes sind.

Ab zu ver.di

Seit diesem Jahr ist alles anders. Der Busverkehr in Trier, Koblenz, Mainz und anderen Städten steht an mehreren Tagen, weil die Privaten streiken. Die Rechnung der Stadtverantwortlichen geht nicht mehr auf, weil sich die Beschäftigten der Billigfirmen bei ver.di organisieren und eine der folgenreichsten Warnstreikbewegungen der letzten Jahre angeschoben haben. Das ist allerdings auch nötig, denn die Arbeitgeber tun sich schwer, alte schlechte Gewohnheiten aufzugeben. Zuerst erklärte die Verhandlungsdelegation, sie habe kein Verhandlungsmandat. Sie mussten wieder an den Verhandlungstisch gestreikt werden. Noch ist zwar nichts erreicht, doch die Städte spüren, dass sie etwas tun müssen. Denn das Beispiel wirkt ansteckend. Die Beschäftigten der Muttergesellschaften wollen ihre Kolleginnen und Kollegen unterstützen. Mit jedem Aktionstag verbreitert sich die Mitgliedsbasis in den Betrieben.