Sonntag aktuell

Widerstand nützt – vorerst

Alle 17 Beschäftigten der Gratiszeitung von Kündigung bedroht

VON GERD MANTHEY

Protest vorm Werkstor der Südwestdeutschen Medien-holding

Sonntag Aktuell ist ein kleiner Verlag, dem 17 Beschäftigte angehören. Das Unternehmen gehört mehreren Zeitungen und partiell zur Südwestdeutschen Medienholding (SWMH) in Stuttgart. Die Redaktion produziert wöchentlich in knapp 700 000er Auflage eine "siebte Ausgabe" gratis für rund 40 Tageszeitungen, darunter die Stuttgarter Zeitung, Stuttgarter Nachrichten und Südwestpresse Ulm. Vor dreißig Jahren ein kaufmännisch und verlegerisch geschickter Schachzug, die Anzeigen-Blatt-Konkurrenz aus dem Verbreitungsgebiet herauszuhalten.

Seit etwa einem Jahr hat nun der neue Geschäftsführer des zweitgrößten Zeitungskonglomerates der Republik, der SWMH, Richard Rebmann, ins Auge gefasst, Sonntag Aktuell um- und neuzugestalten. Damit begann der Ärger. Ende Juni wurden die 17 Beschäftigten beruhigt: Die Neu- und Umgestaltung werde kommen, ihre Arbeitsplätze seien nicht tangiert. Eine Woche später sprach der mit der Neu- und Umgestaltung beauftragte Chefredakteur der Stutt- garter Nachrichten, Christoph Grote, von einem schlecht gemachten Blatt und kündigte an, dass er einen Teil der Anwesenden am Jahresende nicht mehr dort begrüßen werde. Ein weiteres Gespräch mit dem Sonntag-Aktuell-Geschäftsführer Bernhard H. Reese brachte das Ergebnis, dass alle 17 zum Jahresende gekündigt werden sollen.

Eine Zensur findet nicht statt

Auch das Sommerfest der Holding sollte zum Protest genutzt werden. Das hatten mehr als fünfzig Beschäftigte abgemacht. Doch Rebmann erfuhr von den Plänen und bat den Konzernbetriebsratsvorsitzenden zum Gespräch: Warum solche Aktionen, wenn doch geplant sei, den überwiegenden Teil der Belegschaft zu übernehmen?

Aussagen, die niemand kannte. Der Verweis auf die Entlassungsankündigung sei "falsch wiedergegeben" worden, hieß es jetzt. Geschäftsführer Reese seinerseits rief beim Betriebsrat an und dementierte die 17 Kündigungen. Am gleichen Tag kam es zum Gespräch mit Konzernbetriebsrat, Betriebsrat und ver.di. Der Inhalt: 200 Protestierende vor dem Werkstor, die es in der eigenen Zeitung nicht gibt, 17 Beschäftigte, die ihre angekündigten Entlassungen kollektiv missverstehen. Den verbalen Rückzug der Geschäftsleitung kann man getrost auf das Konto Widerstand und Solidarität verbuchen. Doch gerettet ist noch nichts. Inzwischen gab es die erste Verhandlung zum Interessenausgleich und Sozialplan für die Sonntag- Aktuell-Beschäftigten. Die Geschäftsleitung ist im Wort, so vielen Beschäftigten wie möglich einen gleichwertigen Arbeitsplatz zu bieten. Ziel des Betriebsrats: Alle sollen weiterarbeiten.

Das neue Konzept für Sonntag Aktuell soll nach Redaktionsschluss von ver.di PUBLIK vorliegen. Der Verwaltungsrat der SWMH will bis Ende September über die Zahl der Beschäftigten entscheiden. Falls es notwendig ist, wird mobilisiert. Beschäftigte, Fahnen, Megaphone, Hörfunk, Fernsehen - aber dann unten in der Stadt mit einer Sonderausgabe von Sonntag Aktuell.