Kommentar

DEUTSCHE POST AG | Der weltgrößte Logistikkonzern konnte Forderungen nach längeren Arbeitszeiten und den Verzicht auf eine bereits vereinbarte Tariferhöhung im Dezember nicht durchsetzen. Das ist unterm Strich ein schöner Erfolg und ein gutes Ergebnis für ver.di, vor allem für die 15 000 Postbeschäftigten in Niedersachsen und Bremen.

Fachbereichsleiter Jürgen Wolf

Schauen wir zurück: Der Postvorstand hatte im Frühjahr erneut einen Angriff auf die Arbeits- und Einkommensbedingungen der Beschäftigten gestartet. Diesmal wurde die vermeintliche Notwendigkeit tiefer Einschnitte mit der Finanz- und Wirtschaftskrise begründet. Postvorstand Dr. Frank Appel hatte gegenüber der Financial Times Deutschland noch im Mai erklärt: "Wenn die Konjunkturerholung schnell kommt, verlieren wir all unsere Argumente." Heute steht fest: Die Post als Marktführer wird 2009 ein Ergebnis von über einer Milliarde Euro abliefern.

Appel läutete aber auch einen Kulturwechsel bei der Post ein. Gespräche mit Beschäftigten, Betriebsräten und ver.di wurden ausgesetzt und Bedrohungsszenarien aufgebaut - durch Arbeitszeitverlängerung sowie Fremdvergaben. Konfrontation statt Interessenausgleich hieß der neue Kurs. Mit einer öffentlichen Kampagne trommelte der Vorstand auf die Beschäftigten ein. Es hat ihm letztlich nichts genützt. Die unverhohlenen Drohungen sowie das rüde Vorgehen stießen bei den in ver.di zahlreich organisierten Postbeschäftigten auf massive Kritik.

Das Signal an den Postvorstand war deutlich: Die Forderungen werden unweigerlich zum Streik führen. Das Zusammenwirken von Vertrauensleuten, Betriebsräten und ver.di führte zum Erfolg. Betriebsbedingte Kündigungen wurden bis Ende 2011 ausgesetzt, der Beweis dafür, dass auch in Krisenzeiten gewerkschaftlich organisierte Beschäftigte ihre Ziele durchsetzen können.Jürgen Wolf, ver.di-Fachbereichsleiter


Rolle rückwärts

FRAUENPOLITIK | Frauen gehören an den Herd, auf jeden Fall in die Familie. Diesen Eindruck könnte man in Niedersachsen gewinnen. Denn das Niedersächsische Sozialministerium beabsichtigt, die Abteilung Frauen mit der Abteilung Jugend und Familie zusammenzulegen. Das stößt bei ver.di auf Kritik. In einem offenen Brief an Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann, CDU, hat ver.di-Landesfrauensekretärin Karin Schwendler daran erinnert, dass Frauenpolitik eine Querschnittsaufgabe sei, die weit mehr als Familienpolitik beinhalte. Mit einer Eingliederung in die Abteilung Jugend und Familie würde die Frauenpolitik fälschlicherweise mit Familienpolitik gleichgesetzt oder dieser sogar untergeordnet. "Für die Gleichstellung von Frauen im Arbeitsleben und in der Gesellschaft ist auch in Niedersachsen noch viel zu tun. Es wäre eine Rolle rückwärts, dieses mit Familienpolitik zu vermischen." Deshalb fordern die ver.di-Frauen von der Sozialministerin: "Erhalten Sie die Abteilung Frauen als eigenständige Referatsgruppe im Sozialministerium."