Betriebsrätin Maxi Friedl geht ran an die Leute

VON Renate Bastian

Die Städtischen Bühnen haben ihren Sitz am Rande des berüchtigten Frankfurter Bahnhofsviertels. Direkt gegenüber thront die Europäische Zentralbank und fordert mit einer überdimensionalen Euro-Statue in blaugelb: Rechne dich. Nicht weit entfernt steht das Goethe-Monument und mahnt: Dem Wahren, Schönen, Guten. Fast symbolhaft für das Spannungsfeld, in dem sich der Kulturbetrieb bewegt, der seit einigen Jahren eine GmbH ist. Die Stadt Frankfurt ist alleinige Gesellschafterin.

Betriebsrat auf Brettern

Kunst ist schön und gut, aber sie hat einen Unterbau und einen Hintergrund. Und alles zusammen bildet den Betrieb Städtische Bühnen: künstlerischer Bereich, Verwaltung, Technik. Geht man backstage, also hinter die Kulissen, eröffnet sich eine doppelte Welt. Unten im Halbdunkel warten die weinroten Sitze. Oben auf der Bühne wird gehämmert, gestrichen, ein riesiger Berg von Puppen wartet darauf, für die nächste Vorstellung eingekleidet zu werden. Für alle, die dort arbeiten, gibt es einen Betriebsrat und eine Auszubildendenvertretung. Denn die Städtischen Bühnen sind auch Ausbildungsbetrieb. Zehn Berufe kann man hier lernen: etwa Maskenbildner, Maßschneiderei für Damen und Herren, Schreiner, Tischler oder Bühnenmaler. 28 Auszubildende gibt es zur Zeit. Der Betrieb bildet über den eigenen Bedarf aus. Vergleichbar in diesem Umfang gibt es das nur noch an den Häusern in Hannover und Stuttgart. Maxi Friedl zum Beispiel hat bei den Städtischen Bühnen eine Ausbildung als Herrenschneiderin gemacht und dann Statisten bekleidet. Erst war sie Auszubildendenvertreterin, heute ist die 24-Jährige Betriebsrätin. Sie ist froh, dass in diesem Umfang in Frankfurt ausgebildet wird, sagt sie, weil es sich um eine gute und umfangreiche Ausbildung handelt. Vieles ist auf den Bühnenbereich zugeschnitten, aber nicht zu stark spezialisiert. Die Übernahme nach der Ausbildung ist ein Dauerthema. Jedes Jahr steht es erneut auf der Tagesordnung. Die Regelung im neuen Tarifvertrag löst zwar nicht alle Probleme, schafft aber bessere Voraussetzungen für die Weiterbeschäftigung.

Dauerbrenner Übernahme

Im Herbst stehen die Wahlen zur neuen Auszubildendenvertretung an. In den Städtischen Bühnen geht es um drei Vertreter/innen. Maxi Friedl will Vertrauen schaffen, Überzeugungsarbeit leisten, immer wieder das persönliche Gespräch suchen, an die Leute rangehen.

Fit für die nächste Tarifrunde:Roland Sittner

Und der hohe Organisationsgrad gerade unter den Auszubildenden sowie ihre Bereitschaft, sich selbst wie in den jüngsten in Warnstreiks für gemeinsame Rechte einzusetzen, bestätigen sie darin. Insgesamt umfasst der Betrieb Städtische Bühnen knapp 1000 Beschäftigte, ein großer mittelständischer oder ein kleiner Großbetrieb, wie der langjährige Betriebsratsvorsitzende Roland Sittner sagt. Der Organisationsgrad ist hoch, wenn auch unterschiedlich in den Sparten: sehr schwierig bei den eher einzelgängerischen Schauspieler und Schauspielerinnen, sehr gut beim Orchester, gemischt beim Chor, hervorragend bei der Technik. Bei den Warnstreiks Anfang des Jahres war also klar, dass 24 Stunden lang nichts gehen würde: kein Bühnenbild, keine Maske, kein Azubi, kein Flötenklang, kein Kartenverkauf, keine Vorstellung. Nahezu das ganze Haus hat sich beteiligt, denn alle waren an den Forderungen interessiert. Zum jüngsten Tarifabschluss wurden Ende März an vier Tagen die ver.di-Mitglieder befragt. Rund drei Viertel stimmten zu. Diese Form der Beteiligung, besonders die kritische Äußerung zum jetzigen Abschluss, ist für Roland Sittner bereits Futter für die nächste Tarifrunde.

Bühne für alle

"Man macht sich selten bewusst, dass Theater ein Ganztagsbetrieb ist, und das an sieben Tagen in der Woche im Schichtbetrieb", betont Sittner. "Da geht es um schwere körperliche Arbeit, um enorme Arbeitsverdichtung, da geht es darum, dass von kommunaler Seite an allen Ecken und Enden gespart werden soll, aber auch darum, dass das, was auf den Bühnen geschehen kann, nicht eingeschränkt wird. Vielmehr sollen die Bühnen für alle da sein." Am 27. März war Welttheatertag, eingefordert wurde ein Bündnis für Theater in Zeiten der Krise.