Jetzt wird gefeiert! Tekel-Arbeiter nach der Urteilsverkündung

Von Erdogan Kaya

Der erbitterte Kampf der zirka 12000 Kolleg/innen des privatisierten früheren Staatsunternehmens Tekel, das Tabakprodukte und alkoholische Getränke herstellt (ver.di PUBLIK 3_2010), ist nach 78 Tagen mit einem Etappensieg zu Ende gegangen.

Am 15. Dezember 2009 waren sie von 40 Standorten in verschiedenen Landesteilen nach Ankara gekommen und wollten einen Tag - oder höchstens zwei - bleiben. Aber die Polizei empfing die Frauen und Männer, die gegen massive Gehaltskürzungen, den Verlust von tariflichen und sozialen Rechten und die Verankerung ungesicherter und befristeter Beschäftigungsverhältnisse protestieren wollten, mit Wasserwerfern, Pfefferspray und Schlagstöcken. Daraufhin blieben die Protestierenden in Ankara. Sie beschlossen, sich nicht vom Fleck zu bewegen, bis sie ihr Ziel erreicht haben würden.

Auf den Gehwegen vor der Zentrale des Gewerkschaftsverbandes Türk Is bauten sie eine Zeltstadt für sich auf und blieben bis zum Gerichtsurteil in Ankara. Der Widerstand der Beschäftigten von Tekel war in dieser Zeit das große Thema in der Türkischen Republik. Der Kampf wurde landesweit und international unterstützt. Die vier großen Gewerkschaftsverbände Türk Is, KESK, DISK und Türk Kamu-Sen organisierten Solidaritätsaktionen.

Vor Gericht erfolgreich

Das oberste Verwaltungsgericht (Danistay) hat am 2. März dem Widerspruch der Beschäftigten des Unternehmens gegen Gehaltskürzungen stattgegeben. Nach dem Gerichtsurteil müssen die rund 8500 betroffenen Beschäftigten immerhin noch für weitere acht Monate ihr früheres Gehalt bekommen: 1154 Türkische Lira, rund 550 Euro. Erst danach darf das Unternehmen sie schlechter bezahlen. 3500 Arbeiter/innen haben aus Angst, alles zu verlieren, schon jetzt die schlechteren Bedingungen, 4/C genannt, akzeptiert. 4/C heißt, mit einem Zeitvertrag angestellt zu sein - ein völlig ungesicherter Status für die Beschäftigten. Sie werden mindestens für vier und höchstens für zehn Monate beschäftigt und bekommen maximal 630 Türkische Lira, das entspricht rund 300 Euro. Die Regierung will diese Bedingungen durchsetzen, die Tekel-Arbeiter/innen wollen den Status nicht hinnehmen. Sie wissen, wenn sie die neuen Bedingungen akzeptieren, bedeutet das in einem Land, in dem 20 Prozent der Menschen erwerbslos sind, Arbeitslosigkeit und im schlimmsten Falle Hunger. Deshalb wollen sie nicht aufgeben.

So stehen sich zwei Fronten gegenüber, denn die Regierung bleibt ebenso hart und ist nicht bereit nachzugeben. Sie hat aus ihrer Sicht auch keine andere Wahl, will sie doch weitere Unternehmen privatisieren. Nicht weniger als 120000 Beschäftigte im Land erwartet so das gleiche Schicksal wie die Kolle-g/innen bei Tekel. Tekel ist als Beispiel dafür, wie man sich gegen die Regierung durchsetzen kann, politisch ganz und gar nicht erwünscht. Doch die Gewerkschaftsverbände Türk Is, DISK, KESK und Türk Kamu-Sen wollen ihre Aktionen fortsetzen. Falls die Regierung keinen Rückzieher macht, werden die Gewerkschaften am 26. Mai alle Beschäftigten in der Türkei zum Generalstreik aufrufen.