Ausgabe 06/2010-07
Einseitige Kürzungen
Wer lange arbeitslos ist, muss im Alter mit Armut rechnen. Ungefähr um zwei Euro steigert sich der Rentenwert pro Monat mit jedem Jahr der Arbeitslosigkeit. Doch selbst diese geringe Steigerung will die Bundesregierung den Langzeitarbeitslosen nicht mehr zugestehen. In ihrem Anfang Juni verkündeten Sparpaket steht die Abschaffung des Zuschusses an die Rentenversicherung von Arbeitslosengeld-II-Bezieher/innen zum 1. Januar 2011. Das soll in den kommenden vier Jahren rund 7,2 Milliarden Euro an Ersparnis bringen.
Langfristig werden dadurch Kosten vom Bund auf die Kommunen verlagert. Während der Bund bislang den Rentenzuschuss bezahlt hat, müssen die Kommunen die Grundsicherung finanzieren - und auf die werden durch diese Streichung noch mehr Langzeitarbeitslose im Alter angewiesen sein. Doch ist diese Streichung nicht die einzige, die zu Lasten von Arbeitslosengeld-II-Bezieher/innen geht. Sie sollen nach dem Willen der Bundesregierung in Zukunft auch kein Elterngeld in Höhe von 300 Euro mehr enthalten. "Je nach Haushaltskonstellation bedeutet das eine Einkommenseinbuße von zehn bis 25 Prozent", rechnet Bernhard Jirku vor, der beim ver.di-Bundesvorstand für die Erwerbslosenpolitik zuständig ist. Dabei werde außer Acht gelassen, dass Eltern mit Kleinkindern insbesondere in den ersten Lebensmonaten einen deutlichen Mehrbedarf haben. Betroffen von den Kürzungen seien vor allem die rund 650000 Alleinerziehenden, denn sie hätten es ohnehin schwer, eine Arbeit zu finden.
Kürzung des Wohngelds
Auch die geplante Streichung des Heizkostenzuschusses treffe, so Jirku, insbesondere viele Familien. Für ihn ist das eine "deftige Kürzung des Wohngelds". Gleichzeitig will die Bundesregierung den befristeten Zuschuss abschaffen, mit dem der Übergang in Hartz IV für langjährige Beschäftigte abgemildert wird. Außerdem werden die Förderleistungen für Erwerbslose in freiwillige Leistungen umgewandelt. Langfristig soll die Bundesagentur für Arbeit ohne Zuschüsse oder Darlehen des Bundes auskommen. "Angesichts der nach wie vor hohen Unterbeschäftigung droht vor diesem Hintergrund eine massive Kürzung der Ausgaben für die aktive Arbeitsmarktpolitik. Unter diesen Vorgaben wird die gerade erfolgreiche Abmilderung einer Wirtschaftskrise durch Kurzarbeit kaum mehr möglich sein", steht in einer Bewertung durch den ver.di-Bundesvorstand. Mehr Ermessensleistungen widersprächen zudem dem Anspruch der Versicherten auf Leistungen zur Integration, die sie sich neben dem Anspruch auf Lohnersatzleistungen mit ihren Beiträgen erwerben. Insgesamt 30,3 Milliarden Euro sollen die Streichungen bringen - mehr als ein Drittel der Kürzungen insgesamt. Die Unternehmen werden hingegen nur mit 19,2 Milliarden Euro belastet.
Druck weiter erhöht
Als Begründung für die Kürzungen bei Langzeitarbeitslosen führt die Bundesregierung an, sie wolle so den Anreiz erhöhen, eine Beschäftigung aufzunehmen. Dabei verschweigt sie wieder, dass anständig entlohnte, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze fehlen und nicht die Beschäftigungswilligen. Daher "kann auch der schärfste Druck nicht zu einem Anstieg der Beschäftigung führen. Deshalb zielen diese Maßnahmen nur darauf ab, den Druck auf Arbeitslose weiter zu erhöhen, auch Arbeit zu Dumping- und Niedrigstlöhnen anzunehmen", heißt es dazu in der ver.di-Stellungnahme. hla