KARIN WENK ist Redakteurin der medienpolitischen ver.di- Zeitschrift M - Menschen machen Medien

Die aktuelle Tarifrunde für die 14000 Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen zeichnet sich durch besondere Dreistigkeit des zuständigen Unternehmerverbands aus. Anstelle eines Angebots greifen sie den geltenden Tarif an, wollen künftig für junge Kolleg/innen und Verlagswechsler eine Senkung des Einkommens um 25 Prozent, für alle weniger Urlaubsgeld, kürzeren Urlaub und längere Arbeitszeiten. "Rückbau" nannte es einer ihrer Vertreter zynisch.

Von ver.di gibt es dazu ein klares Nein. Und als im Februar Redakteurinnen und Redakteure mit einem Spalier vor dem Verhandlungsraum protestierten, verweigerten die Vertreter des Verlegerverbands die Gespräche. Betroffen von den Einschnitten sind neben den derzeit in den Verlagen arbeitenden Redakteuren vor allem die Berufseinsteiger/innen. Sie sollen für 25 Prozent weniger Gehalt eine Arbeit meistern, deren Anforderungen immens steigen. Nach jahrelanger Personalausdünnung sollen sie in weit weniger Zeit als ehedem crossmedial funktionieren. Gern und oft singen die Unternehmer in ihren Sonntagsreden das hohe Lied auf die journalistische Qualität, das Faustpfand für die Existenzsicherung der Printmedien. Aber ihre Taten strafen sie Lügen. Der Beruf des Journalisten erfährt eine so noch nicht da gewesene Abwertung.

Neben den Tarifen der Redakteure sind in den Verlagen zurzeit alle Tarife offen. Auch in der Druckindustrie stehen Tarifauseinandersetzungen bevor. Vergleichbare Begehrlichkeiten der Unternehmer, bisherige Arbeitsbedingungen zu verschlechtern, stehen im Raum.

Das eröffnet ver.di aber auch die Chance, die Kräfte zu bündeln. Wenn Belegschaften von Medienhäusern sich gemeinsam wehren, wird das seine Wirkung nicht verfehlen. Dazu gehören neben den Druckern, Technikern, Verwaltungsangestellten und Redakteuren auch die Zeitungsboten, die freien Journalisten, Leiharbeiter, Auszubildenden und Studenten. Dann kann es gelingen, echte Tariferhöhungen und die gewerkschaftliche Forderung nach "Equal Pay" gegen den seit Jahren zu beklagenden Reallohnverlust durchzusetzen.

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