Gregor Völkl und Daniela Hingst

Gregor Völkl arbeitet bei ERGO, ist Betriebsgruppensprecher und Mitglied der Tarifkommission, Daniela Hingst arbeitet bei Allianz Global Assistance und ist dort Betriebsrätin. Beide sind Mitglieder im ver.di-Fachgruppenvorstand.

ver.di PUBLIK | Gregor, Du bist bei ERGO in Perlach Betriebsrat und erfährst von den Sorgen und Nöten der Beschäftigten. Was belastet die Kolleginnen und Kollegen besonders?

GREGOR VÖLKL | Der Personalabbau durch eine Aneinanderreihung von Umstrukturierungsmaßnahmen in den letzten Jahren hat den Arbeitsdruck immens erhöht. Den Kolleginnen und Kollegen wird das Gefühl vermittelt, dass sie frei und eigenverantwortlich innerhalb ihrer Zuständigkeit agieren können. Das führt aber auch dazu, dass sie sich für die Rückstände verantwortlich fühlen. Die Führungskräfte führen nicht mehr, sondern üben durch ständiges Controlling zusätzlich Druck aus. Die Verantwortung, die sonst die Chefs hatten, lastet jetzt auf den Beschäftigten. Sie haben aber kaum noch Handlungsspielräume, und es ist eine Frage der Belastbarkeit, wie lange sie dem Druck standhalten werden. Es gibt bei uns bereits erste Fälle von Burnout.

ver.di PUBLIK | Daniela, ihr arbeitet im Schichtbetrieb "7 x 24", also Schichten rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche, und ihr seid nicht einmal im Tarifvertrag privates Versicherungsgewerbe. Welche Probleme gibt es bei Euch?

DANIELA HINGST | Die Kolleginnen und Kollegen sind häufig physischen Belastungen durch Lärm und Arbeitsplatzverdichtung ausgesetzt. Auch der psychische Druck und die hohen Vorgaben hinterlassen ihre Spuren. Dies hat Auswirkungen auf den Gesundheitszustand. Wir haben auch viele befristet Beschäftigte. Die hoffen natürlich auf eine Übernahme nach der Befristung. Wegen dieser Zukunftsängste haben sie neben den unerreichbaren Zielen zusätzlich Druck.

ver.di PUBLIK | Die Arbeitgeber möchten den Samstag als Regelarbeitstag, also die 6-Tage-Woche. Wie stehen die Beschäftigten dazu?

HINGST | Bei uns im Arbeitsvertrag steht, dass die Arbeitszeit an fünf Tagen zu erbringen ist, wir haben also in der Woche immer zwei Tage frei, müssen aber dafür auch an Wochenend- sowie Feiertagen arbeiten. Die 6-Tage-Woche würde ja auch bedeuten, dass der Urlaub auf sechs Tage genommen werden müsste. Begeisterung löst das keine aus, denn wenn die Versicherungen das abschließen, werden wir das mit Sicherheit übernehmen müssen.

VÖLKL | Die Leute arbeiten oft schon am Samstag. Jetzt bekommen sie wenigstens Zuschläge dafür, die würden dann wohl beim Regelarbeitstag wegfallen. Die Beschäftigten kommen auch oft gerne am Samstag rein, weil sie dann ihre Ruhe haben. Wenn schon der Samstag zur Regel wird, lautet die Frage: Kommen sie dann sogar sonntags? Interview: T. Scholze