Ausgabe 06/2011
Zeit zu streiken
Oben: Streikende im Einzelhandel: Jetzt sind wir dran Mitte: Auch im Versicherungsgewerbe wurde gestreikt Unten: Wenn Redakteure, Drucker und Verlagsangestellte gemeinsam streiken, gibt's nicht viel zu lesen auf dem Frühstückstisch
Was für ein Frühling: Sonnenschein, wie schon lange nicht mehr, die Wirtschaft boomt, das beste erste Quartal seit Jahren liegt hinter uns mit einem erneuten Wachstum von über fünf Prozent. Doch profitieren die Menschen im Land von all den guten Nachrichten? Zeit, die Menschen am Erfolg zu beteiligen, müsste man meinen.
Doch das Gegenteil ist der Fall: Statt anständiger Angebote gibt es nur die altbekannten Forderungen nach einem weiteren massiven Abbau von Leistungen: Egal, ob im Handel, bei den Zeitungen, in der Druckindustrie oder bei den Versicherungen.
Aber diesmal regt sich aller Orten Widerstand. Im Land ist geradezu ein Streikfrühling ausgebrochen. Und so ziehen Beschäftigte dieser höchst unterschiedlichen Branchen gemeinsam durch die Städte und fordern laut, was ihnen zusteht.
"Jetzt sind wird dran", riefen zum Beispiel die Streikenden im Einzelhandel und gingen auf die Straße für 6,5 Prozent mehr. Kaum nach standen ihnen die Kolleginnen und Kollegen im Großhandel: Auch hier gab es zahlreiche Warnstreiks und Aktionen. Deren Spektrum reichte von landesweiten Streiktagen bis zu punktuellen Aktionen.
Auch im Versicherungsgewerbe wurde gestreikt, wie etwa am 20. Mai in Stuttgart. Über Tausend waren dabei, weil sie nicht bereit sind, Verschlechterungen im gar nicht zur Verhandlung stehenden Manteltarifvertrag zu akzeptieren, sondern sechs Prozent mehr wollen. Eigentlich kein Problem in dieser boomenden Branche, sollte man meinen.
Warnstreiks auch bei Tageszeitungen und in der Druckindustrie: In drei parallelen Tarifrunden gehen Redakteure, Verlagsangestellte und Drucker gemeinsam für ihre Interessen auf die Straße: Gegen Absenkung der Entgelte und für anständige Bezahlung.
Arbeitskampf lohnt sich
Inzwischen liegen erste Abschlüsse im Groß- und Einzelhandel vor. Es zeigt sich klar: Offensive Tarifpolitik zahlt sich aus. Während die Tarifabschlüsse im Frühjahr 2011 nach übereinstimmender Einschätzung von arbeitgeber- und arbeitnehmernahen Wirtschaftsinstituten im Schnitt knapp unter zwei Prozent liegen, erzielten die hier beschriebenen kämpferischen Kolleginnen und Kollegen drei Prozent im Großhandel und drei Prozent im Einzelhandel.