"Bei der Auswahl unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen wir hohe Anforderungen an die Qualifikation." So beschreiben die privat geführten Wicker-Kliniken ihre Unternehmensphilosophie im Internet. Die Gruppe besteht aus zahlreichen Rehakliniken, Thermen und Kureinrichtungen. Im nordhessischen Bad Zwesten gibt es drei Einrichtungen: die Hardtwaldklinik I und II sowie die Neurologische Akutklinik mit rund 700 Beschäftigten. Und die große Bandbreite an Therapieangeboten verlangt von den Beschäftigten nicht nur hohe Qualifikation, sondern auch die Bereitschaft zu mitunter sehr belastender Tätigkeit. Auch das gehört zur Firmenphilosophie. Wovon sie lieber schweigt: Gute Arbeit muss entsprechend bezahlt werden.

Geduldsfaden gerissen

So kommt es, dass bei der Wicker-Gruppe im nichtärztlichen Bereich, also Pflege, Physiotherapie, Massage, Logopädie, Reinigung, deutlich weniger gezahlt wird als sonst in der Branche üblich, zum Teil bis zu 40 Prozent. Eine Krankenpflegerin in Bad Zwesten bekommt im Jahr fast 10.000 Euro weniger als in vergleichbaren Kliniken. Aber während die Ärzte ihr Einkommen deutlich verbessern konnten, mauerte die Geschäftsleitung bei den nichtärztlichen Beschäftigten. Auf einer Betriebsversammlung Ende März riss denen der Geduldsfaden. Sie beschlossen, sich für einen Tarifvertrag einzusetzen und traten ver.di bei. Binnen weniger Wochen konnte ver.di in Bad Zwesten fast 200 neue Mitglieder begrüßen.

Alles wird teurer. Wir auch!

Anfang August dann der erste Streik in der Firmengeschichte - mit großer Beteiligung der frischen ver.dianer. Aber die Geschäftsleitung verweigerte Verhandlungen. Also legten die Beschäftigten Ende August wieder die Arbeit nieder und zogen vor die Konzernzentrale in Bad Wildungen. Immerhin: Es gab das Angebot einer Einmalzahlung von 800 Euro - mehr sei nun wirklich nicht für den Konzern zu verkraften. Das sehen die Beschäftigten und ver.di ganz anders. Eine Einmalzahlung hebt die Entgelte nicht dauerhaft auf ein neues Niveau. Auch wenn es weh tut, der Lernprozess bei den Wicker-Kliniken ist noch nicht zu Ende. Fabian Rehm, Gewerkschaftssekretär bei ver.di Hessen: "Wir sind auf dem richtigen Weg. Auch weitere Kliniken des Konzerns wird ver.di zu Tarifverhandlungen auffordern, wenn dort ebenfalls so viele Kolleginnen und Kollegen gewerkschaftlich organisiert sind, dass wir auch einen Arbeitskampf führen können. Denn nicht nur in Bad Zwesten gilt: Alles wird teurer. Wir auch!" reb