Die hessischen Abgesandten von ver.di auf dem Bundeskongress in Leipzig

Von Renate Bastian

Um ihr Profil nochmal ordentlich zu schärfen, hatten sich die 86 hessischen Delegierten zwei Tage lang zu einer Vorbesprechung zurückgezogen. Denn vor der Tür stand der ver.di-Bundeskongress Ende September in Leipzig; die Abgesandten stellten dort immerhin fast 10 Prozent.

"Zuhause lassen", so Landesleiter Jürgen Bothner, wollte man die "Fachbereichshäuschen". Die 86 Delegierten entschieden sich für das gemeinsame Oberthema: Gewerkschaft lebt von betrieblicher Nähe, von Vertrauensleuten, von Betriebsgruppen. Diesem Grundsatz entsprachen auch die Beiträge zum Bundeskongress, sei es zum Geschäftsbericht oder in der Antragsberatung. Ein Zeitraum von vier Jahren zwischen den Kongressen ist für die Hessen das höchste der Gefühle. Denn Mitreden und Mitgestalten in der Organisation braucht kurze demokratische Spannen.

Veröffentlichen, so schnell es geht

Björn Wolf vom Fachbereich 13 des Landesbezirks Hessen warf auf dem Kongress die Frage in die Runde, was seine Schuhe mit einem Tarifvertag zu tun haben. Er platzierte sie gleich neben seinem Rednerpult und holte aus: "Ja, das sind die Schuhe, die im Antrag erwähnt werden. Vor einiger Zeit stand ich im Schuhladen, und mir stellten sich zwei Fragen: Wird in diesem Schuhgeschäft eigentlich nach Tarif bezahlt? Wie sieht es aus mit dem Hersteller? Darauf konnte mir dort keiner eine Antwort geben. Da fragte ich mich: ‚Wo bin ich hier eigentlich gelandet?' Ist das vielleicht der ,Schuh-Schlecker'? Wer weiß das schon?" Deshalb unterstütze er die Antragsforderung, dass ver.di eine Positivliste aufstellen solle von denjenigen Betrieben, die ihre Produkte nach Tarifvertrag herstellen und verkaufen. Auf diese Weise könnten Verbraucher/innen mitbestimmen, ob sie faire Arbeitsbedingungen unterstützen. Die Antragskommission hatte Überweisung des Antrags an den Bundesvorstand empfohlen. Aber die Hessen sorgten dafür, dass der Antrag nach Abstimmung im Plenum angenommen wurde.

Björn Wolf weiter: "Die Verbraucher erfahren im Allgemeinen mehr über die Arbeitsbedingungen von Hühnern als über die Arbeitsbedingungen von beschäftigten Menschen. Das ist ja wohl ein schlechter Witz. Ihr seht, worum es ... geht, nämlich erstens müssen wir die Konsumenten besser informieren. Dazu müssen wir veröffentlichen, und zwar so schnell es geht, welche Unternehmen mit uns einen Deal machen. Denn wir bei ver.di, wir sind die Experten, was gute Arbeit und Lohnbedingungen in der Dienstleistung betrifft. Zweitens: Wir müssen die Konsumenten mit der Nase darauf stoßen, dass diese Informationen auch existieren."