Ausgabe 12/2011
Gegen den Schulgeld-Skandal
Von Stefan Jagel
Lautstark und bunt für eine ordentliche und kostenfreie Altenpflege-Ausbildung
MÜNCHEN | "Pflegenotstand!! Schulgeld?? Geht's noch?!" stand auf einem selbst gemalten Transparent, auf einem anderen: "Banken retten! Pflege darf verrecken?" Am 9. November demon-strierten 1500 Auszubildende in der Altenpflege aus ganz Bayern in München für eine kostenfreie Ausbildung. Derzeit müssen Auszubildende hier monatlich 100 Euro Schulgeld bezahlen.
Nach einer Kundgebung auf dem Münchner Odeonsplatz bildeten die Demonstrant/innen eine Menschenkette zwischen dem Kultusministerium und dem Bayerischen Landtag. Am Abend wurde dann noch eine Petition mit knapp 22.000 Unterschriften an die Landtagspräsidentin Barbara Stamm, CSU, übergeben. Der Protest der Altenpflege-Auszubildenden war eine der erfolgreichsten Aktionen von ver.di in Bayern. Selten sind so viele Auszubildende aus einer Branche gemeinsam für ihre Rechte eingetreten und haben ihre Probleme öffentlich gemacht.
Das Geld für die Ausbildung mitbringen, geht gar nicht
Die Situation ist mehr als skurril: Durch die Kürzung des Schulgeldausgleiches müssen die Auszubildenden monatlich 100 Euro Schulgeld an ihre Altenpflegeschulen zahlen. Das Geld für die Ausbildung selbst mitbringen zu müssen, ist ein Skandal - und außerdem eine Benachteiligung gegenüber den Berufskolleg/innen in der Krankenpflege und anderen Auszubildenden. Schon jetzt ist es schwierig, Nachwuchs für den Altenpflegeberuf zu finden. Dieser Mangel wird sich noch weiter zuspitzen. Der Anteil älterer Pflegebedürftiger steigt, gleichzeitig sinkt die Zahl der jungen, gut qualifizierten Pflegekräfte. Wegen der Arbeitsbelastungen in der Pflege steigen immer mehr Pfleger/innen aus dem Beruf aus. Die Altenpflege braucht deshalb dringend Nachwuchs.
Wenn die Staatsregierung es ernst meint mit ihren Imagekampagnen für den Altenpflegeberuf, dann muss sie dafür sorgen, dass die Finanzierung der Altenpflegeschulen gesichert wird. Das Geld ist vorhanden. Dominik Schirmer, ver.di-Landesfachbereichsleiter, vergleicht die Situation mit den Subventionen der Staatsregierung für den Flughafen in der Stadt Hof: "Jeder Geschäftsmann, der von Hof nach Frankfurt fliegt, kostet die Steuerzahler 200 Euro. Für die Altenpflegeauszubildenden sind aber keine 150 Euro Schulgeldausgleich mehr übrig."
Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Münchener Demonstration und die Verantwortlichen des ver.di-Fachbereiches Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen bewerteten die Aktion als sehr positiv. Nicht nur mit der Zahl der Teilnehmenden sind Dominik Schirmer und sein Team zufrieden, die Aktion hat ver.di insgesamt in der Pflegebranche ein Stück vorangebracht.
Bereits zwei Stunden nach der Aktion hat Kultusminister Ludwig Spaenle per Pressemitteilung reagiert und darin versprochen, dass man versuche, eine Lösung zu finden. Der Fachbereich wird den Kultusminister und die Bayerische Staatsregierung auch in den nächsten Monaten weiter fordern. Denn eine Lösung muss her - und zwar in absehbarer Zeit.
Als nächstes wird es eine Anhörung im zuständigen Ausschuss des Landtages geben. Dort besteht die Möglichkeit, den Abgeordneten die Situation der Auszubildenden in der Altenpflege nochmals zu verdeutlichen. Die Ziele sind klar und bleiben: Die Ausbildung muss per Gesetz kostenfrei bleiben und eine Umlagefinanzierung in der Altenpflegeausbildung muss eingerichtet werden.
Weitere Infos zum aktuellen Stand und zu weiteren Aktivitäten können unter der Internetseite www.kostenfreie-altenpflegeausbildung.de verfolgt werden.