Dieser Rentner trägt seine Meinung mit zum Einkauf

Ihr politisches Schicksal hat Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) Mitte August in einem Fernsehinterview an ihre Erfolge bei der Bekämpfung der Altersarmut geknüpft. Ihr Ministerium hatte Anfang August einen überarbeiteten Referentenentwurf des sogenannten Alterssicherungsgesetzes vorgestellt. Für die erste Fassung musste die Ministerin bereits im März heftige Kritik einstecken. Darin war vorgesehen, dass die Rentenzahlungen auf 850 Euro brutto aufgestockt werden können, wenn bestimmte Voraussetzungen bei der Zahl der Versicherungs- und Beitragsjahre sowie der privaten Vorsorge erfüllt werden (ver.di publik berichtete).

Doch diese Voraussetzungen waren so hoch angesetzt, dass viele Betroffene sie nicht hätten erfüllen können. Häufig sind Frauen von Altersarmut betroffen. Gerade sie arbeiten oft lange in geringfügiger Beschäftigung, die nicht sozialversicherungspflichtig ist - und damit nicht auf die für die Zuschussrente nötigen Versicherungs- und Beitragszeiten angerechnet werden.

Nur für Neurentner/innen

Auch der überarbeitete Referentenentwurf hat dieses Problem nicht gelöst. Hinzu kommt, dass die Zuschuss-Rente erst für Rentner/innen gelten soll, die ab dem 1. Juli 2013 in Rente gehen werden. Damit lässt die Ministerin die bereits vorhandene Altersarmut in Deutschland völlig außer Acht.

Neu an dem Entwurf ist, dass Zeiten für Kindererziehung oder Pflege bei der Berechnung der Zuschussrente höher gewertet werden sollen. "Kinderlose Geringverdiener/innen für ihre Kinderlosigkeit zu bestrafen, ist weder sozial noch gerecht", kritisiert ver.di in einer Stellungnahme zu dem Referentenentwurf. Stattdessen fordert die Gewerkschaft, die Rente von Geringverdienenden unabhängig von Kindererziehung rentenrechtlich besser zu bewerten.

Eine weitere Neuheit an dem jetzt vorgelegten Entwurf ist, dass nicht nur das Einkommen von Ehe- oder Lebenspartner/innen auf die Zuschussrente angerechnet werden soll, sondern auch das von Personen, die mit dem Antragsteller in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft leben. Diese Vorhaben bürden "der gesetzlichen Rentenversicherung Überwachungs- und Spitzelfunktionen auf", bemängelt ver.di in der Stellungnahme. Das führe zu "Hartz-IV-Methoden".

In der ersten Fassung des überarbeiteten Entwurfs hatte von der Leyen die Zuschussrente mit einer Senkung des Beitragssatzes für die gesetzliche Rentenversicherung verbunden. Bislang wurde der erst nach der Herbstschätzung festgesetzt. Jetzt wollte sie gleich festlegen lassen, dass er zum 1. Januar 2013 von 19,6 auf 19,0 Prozent sinkt. Nach öffentlichen Auseinandersetzungen hat ihr Ministerium wenige Tage später einen eigenen Gesetzentwurf zur Beitragssenkung vorgelegt.

Das bedeutet, dass die gesetzliche Rentenversicherung damit allein in 2013 auf Einnahmen in Höhe von 7,2 Milliarden Euro verzichten müsste, wenn das Gesetz alle zuständigen Gremien ohne Änderung passiert. Durch weitere mit der Beitragssenkung verbundene Mechanismen würde sich der Einnahmeverlust auf insgesamt elf Milliarden Euro erhöhen. "Weniger finanzielle Mittel der gesetzlichen Rentenversicherung bedeuten zugleich weniger Leistungen und mehr Armut im Alter", kritisiert ver.di. Entlastet würden allein die Arbeitgeber. Da hat Ursula von der Leyen noch eine Menge Arbeit vor sich, wenn sie das Problem der Altersarmut ernsthaft angehen will.

Die Stellungnahmen des ver.di-Bereichs Sozialpolitik können als sopoaktuell-Ausgaben 125 und 126 unter http://sopo.verdi.de heruntergeladen werden.

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