Während der Aktionswoche "Baltic Week" zeigt ITF-Inspektorin Susan Linderkamp mit ihrem Team in Bremerhaven Flagge und kämpft gegen Lohndumping auf See

Gleich geht's an Bord: Linderkamp (l.) mit ITF-Team in Bremerhaven

Die 300 Meter lange APL Egypt, die unter der Flagge von Liberia fährt, liegt vertäut im Containerterminal von Bremerhaven. Susan Linderkamp steht mit drei Gewerkschaftskollegen vor der Gangway, gleich werden sie unangemeldet an Bord gehen. "Wir haben das Schiff ausgesucht, weil es von uns schon lange nicht mehr besucht worden ist. Wir wollen vor allem kontrollieren, ob die Heuern regelmäßig gezahlt werden."

Der Reeder der APL Egypt hat mit der ITF (Internationale Transportarbeiter-Föderation; siehe Bericht unten) einen Tarifvertrag: Mindestlohn, bezahlte Überstunden, feste Ruhezeiten sind darin geregelt wie auch das Recht, dass Gewerkschaftsvertreter jederzeit unangemeldet an Bord kommen können. Zudem sind Gewerkschaftsbeiträge und Zahlungen an den Wohlfahrtsfonds in Höhe von 250 US-Dollar pro Mann und Jahr zu leisten. Begleitet von einer ITF-Inspektorin aus Odessa und zwei Hafenarbeitern, die sich für die Aktion frei genommen haben, geht Linderkamp ins Schiffsbüro. Der Kapitän holt einen Stapel Ordner, die den ITF-Vertrag, die Arbeitsverträge der Crew und die Auflistung der Überstunden enthalten.

Nachzahlung ist fällig

Ergebnis der Kontrolle: 26 Seeleute sind an Bord, nur 23 im Tarifvertrag angegeben. Quittungen über Gewerkschafts- und Wohlfahrtsbeiträge fehlen. Linderkamp wird den Schiffsmakler auf Zypern zum Nachzahlen auffordern. "Die Gebühren reichen wir an die Seemannsmissionen weiter", sagt sie. "Die Schifffahrt hat mit der guten alten Hans-Albers-Welt nichts mehr gemein. Zeit ist Geld. Die Seeleute sind bis zu neun Monaten an Bord und können nur in den Seemannsmissionen der Häfen mit ihren Familien chatten und sich dort mit preiswerten Kosmetikartikeln eindecken."

Ziele der Kontrollen in Hamburg, den Bremischen Häfen sowie in allen wichtigen Ostsee-Häfen sind Schiffe von Reedereien, die unter der Flagge von Billiglohnländern wie Liberia oder Panama fahren: Die 46-jährige ITF-Frau setzt sich für die Rechte von Seeleuten ein, kämpft gegen Schikanen und Ausbeutung. "Ziel ist es, Sozialdumping und unwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen auf See aufzudecken", sagt sie. Doch in Bremerhaven liefen in der Regel Schiffe mit ITF-Verträgen ein. "Denn die Reeder wissen, dass im Zweifelsfall Schiffe ohne Tarifvertrag festgehalten werden." Verlade- und Löschvorgänge können bei gravierenden Missständen gestoppt werden: Das Schiff kommt an die Kette. Ein großer Verlust für die Reedereien.

Alles wird überprüft

Kontrolle: Anruf beim Käpt'n

Susan Linderkamp kontrolliert auch, wie die Crew untergebracht ist und wie es um den Proviant steht. In den Kühl- und Vorratsräumen werden Fisch, Fleisch und Gemüse auf die Mindesthaltbarkeit überprüft. "Mein Bericht wird in eine weltweite Datenbank eingepflegt und bei Beanstandungen ist sichergestellt, dass dieses Schiff innerhalb der nächsten Monate noch mal überprüft wird." Sollten die Seeleute Angst haben, dass ihnen auf hoher See beispielsweise nachgezahltes Geld wieder abgenommen wird, hält die Inspektorin es zurück und veranlasst eine Überweisung auf das Konto der Seeleute.

20 Schiffe hat die Inspektorin in der Aktionswoche unter die Lupe genommen: So wurden ausstehende Heuern in Höhe von 40.200 Euro hereingeholt und eine Überstunden-Nachzahlung in Höhe von 11.000 US-Dollar verlangt. Als weitere Verstöße wurden dokumentiert, dass Lehrlinge 300 Stunden im Monat arbeiten mussten und ein Reeder unerlaubt Gebühren für ein zweites Seemannsbuch, die etwa Panama in Höhe von 3 000 US-Dollar erhebt, in Raten von der Heuer abzog. Linderkamp ist zufrieden mit der Aktion und freut sich auf die nächste.