Ausgabe 05/2013
Mein zukünftiger Arbeitsplatz
Boris Veszely, 29, ausgebildeter Krankenpflegehelfer und ausgebildeter Krankenpfleger, ehemaliger Vorsitzender der Jugend- und Auszubildenden- vertretung und Vertrauensmann am Universitätsklinikum Bonn, aktiver ver.dianer und künftiger Stipen-diat der Hans-Böckler-Stiftung
Mit ihrem Modellprojekt "Studieren ohne Abitur" ermöglicht die Hans-Böckler-Stiftung (HBS) pro Jahr je 15 Interessierten ohne Abitur, aber mit Berufsabschluss und -erfahrung und gewerkschaftlichem oder sozialem Engagement, eines von sieben Fächern der Ingenieurwissenschaften oder zwei Fächern des Gesundheitswesens zu studieren. Für das Wintersemester 2014/ 2015 wurde die Bewerbungsfrist gerade bis zum 1. September 2013 verlängert.
ver.di PUBLIK | Du willst Gesundheitsmanagement (Health Care Management) an der Hochschule Niederrhein studieren, obwohl Du kein Abitur hast. Wie willst Du das schaffen?
Boris Veszely | Es ist nur möglich mit der finanziellen und vor allem ideellen Unterstützung der Hans-Böckler-Stiftung. Denn es stimmt, mein höchster Schulabschluss ist der Hauptschulabschluss. Trotzdem will ich studieren, sechs Semester in Vollzeit, und ich will bis zum Bachelor durchhalten. Tiefpunkte werden sicher mal kommen, aber ich verspreche mir gerade vom Zusammenhalt unserer kleinen Minderheit von Leuten auf dem Dritten Bildungsweg an der Hochschule viel Hilfe.
ver.di PUBLIK | Wie wird das Studium praktisch verlaufen?
Veszely | Vor dem Start im Wintersemester 2014 liegt ein Jahr Vorbereitungszeit für uns Stipendiaten: Zuerst kommen drei Seminare über Themen wie Lerntechniken, Zeitmanagement im Studium und Teambildung, damit niemand von uns allein dasteht. Es folgen Kurse der HBS, in denen wir uns thematisch auf unsere Fächer vorbereiten, die Schulzeit liegt schließlich lange zurück, für manche noch viel länger als für mich. Danach geht das Studium für uns "Alte" unter den Abiturienten richtig los, mit Präsenzpflicht, mit Vorlesungen und Veranstaltungen von Montag bis Freitag. Es wird eine große Umstellung. Ich werde mich auch einschränken müssen; mein Pfleger-Nettogehalt von 1600 Euro hab ich dann schließlich nicht mehr.
ver.di PUBLIK | Trotzdem lässt Du Dich darauf ein.
Veszely | Ja - und mit Begeisterung. Ich bin sehr froh, dass die Hans-Böckler-Stiftung auf diese Weise für Chancengleichheit für Leute ohne Abi sorgt. Bei den Auswahlgesprächen mit Bewerberinnen und Bewerbern geht es auch nicht um Schulwissen, sondern vor allem darum, wie ernst es einem mit dem Studium wirklich ist. Und um das gewerkschaftliche oder soziale Engagement, was mir als eingefleischtem Gewerkschafter natürlich einleuchtet.
ver.di PUBLIK | Hast Du schon Pläne für die Zeit nach dem Studium?
Veszely | Noch nicht. Das Fach ist bisher wenig bekannt, fast noch exotisch. Aber ich kann mir gut vorstellen, an das Uniklinikum Bonn zurückzukehren, schließlich habe ich dort viele Erfahrungen an der Basis - in der Pflege - gesammelt und gesehen, was alles verändert und verbessert werden sollte.
Interview: Claudia von Zglinicki
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