MARION LÜHRING ist Redakteurin der ver.di PUBLIK

Rechenmeister Adam Ries hätte sich angesichts der Rechenkünste der scheidenden schwarz-gelben Bundesregierung die Haare gerauft. Regelmäßig hat sie Armuts- und Arbeitslosenzahlen herunter gerechnet oder einfach mal die Hälfte vergessen. Irgendwas geht immer schief.

So behauptete die Bundesregierung laut heute im Bundestag, einer Korrespondenz des Deutschen Bundestages: "Rund eine Million Kinder unter 18 Jahren waren 2010 in Deutschland armutsgefährdet." Ein Versehen? Zumindest hat sie damit die Kinderarmut in Deutschland auf einen Schlag halbiert. Im Bericht des Statistischen Bundesamts im Juli 2012 waren es nämlich noch doppelt so viele Kinder: Jeweils rund 1,1 Millionen unter 18 Jahren mit und ohne Migrationshintergrund, also 2,2 Millionen Kinder.

Auch an anderer Stelle hat sich die alte Bundesregierung die Welt hemmungslos schöngerechnet. So schrumpfen die Arbeitslosenzahlen beinahe täglich, wenn Kanzlerin Merkel redet. Da wird Deutschland zum Jobwunderland erhoben, die Arbeitslosigkeit sei die niedrigste seit 20 Jahren, und stereotyp heißt es: "Wir sind auf einem guten Weg!" Rausgerechnet sind stets eine Million Arbeitslose: Langzeitarbeitslose, Ein-Euro-Jobber, Aufstocker, ältere Erwerbslose über 58 Jahre und Arbeitsuchende, die in einer mal mehr, mal weniger sinnvollen Schulungsmaßnahme stecken. Zudem gibt es über zwei Millionen Teilzeitbeschäftigte, die gerne länger arbeiten würden. Vollzeitbeschäftigte haben wir heute eineinhalb Millionen weniger. Und davon sind fast eine Million Leiharbeitskräfte, die meist schlecht verdienen.

Wer keine Arbeit findet oder trotz Arbeit nicht von seinem Lohn leben kann, dessen Kinder sind von Armut gefährdet. Und wie auch immer das mit Taschenspielertricks klein gerechnet wird, es bleiben mehr als zwei Millionen armutsgefährdete Kinder in Deutschland - in einem Land, in dem kein einziges Kind arm sein müsste. Geld ist genug da. Es müsste nur anders verteilt werden.