Der Sieg des Kapitals | Economix | Wie funktioniert Wirtschaft? Diese Frage beschäftigt, gerade in Zeiten, in denen sie nach dem Empfinden vieler nicht richtig funktioniert. Michael Goodwin hat seine Erklärungen gemeinsam mit dem Zeichner Dan E. Burr in einen Comic verpackt. Ebenso wie die Journalistin Ulrike Herrmann fängt das Duo in der fernen Vergangenheit an. Die US-Amerikaner starten im Mittelalter, Herrmann geht noch ein paar Jahrhunderte weiter zurück - ins alte Rom.

Burr und Goodwin erklären die Grundlagen des Wirtschaftens, beschreiben die Ausweitung des Handels, die Folgen von Feudalherrschaft und wirtschaftliche Theorien in ihrem Entstehen ebenso wie in der Praxis. Sie haben einen eher pädagogischen Ansatz, wenn auch klar ist, dass sie auf 300 Comicseiten die meisten Themen nur anreißen und in einen größeren Zusammenhang stellen können. Sie beantworten Fragen, machen den Unterschied zwischen Kapitalismus und Sozialismus deutlich oder erklären, was Credit Default Swap oder Deflationspolitik sind.

Ulrike Herrmann hingegen geht vom derzeitigen Sieg des Kapitalismus aus. Sie erklärt, wie es zum starken Streben nach immer mehr Geld und Zugewinn gekommen ist, der zum Beispiel den alten Römern in der heutigen Form fremd gewesen sei, obwohl sie schon damals viele Voraussetzungen dafür erfüllt hätten. Ihr historischer Rückblick ist kurz, sie analysiert vielmehr die heutige Lage, um dabei auch mit Missverständnissen aufzuräumen. So ist Globalisierung in ihren Augen keine Gefahr - schon in der Antike wurde über die eigene Region hinaus gehandelt. "Es ist also falsch, dass die Globalisierung zwingend weltweite Anarchie bedeutet, in der internationale Konzerne und Banken treiben können, was ihnen passt. Die nationale Politik hat sehr viel Macht - nur hat sie in den vergangenen Jahren allzu oft auf diese Macht verzichtet", benennt Herrmann ein Problem.

Sie zeigt auf, dass es heute weniger um Waren, sondern mehr um die Arbeitsplätze geht. "Wir arbeiten, um zu arbeiten. (...) Das kollektive Ziel ist Vollbeschäftigung, nicht Vollkonsum." Sie rät zu Konsumverzicht, zu Einschränkungen, die Ressourcen und die Umwelt schonen - und selbst wenn der Kapitalismus nicht überlebt, wird sich eine andere Wirtschaftsform entwickeln. Ende offen.

Ein Ende hingegen gibt es im Comic von Burr und Goodwin - verbunden mit einer umfangreichen Literaturliste und der Aufforderung, weiter zu lesen. Ihr Buch ist eindeutig aus US-amerikanischer Sicht geschrieben, ohne diese Wirtschaftsmacht zum Vorbild zu machen. Im Gegenteil, gerade in den Kapiteln, die sich mit der jüngeren Zeit beschäftigten, wird die Kapitalismuskritik deutlich. Es eignet sich in jedem Fall für Einsteiger, die einen unterhaltsamen und leicht verständlichen Einblick bekommen wollen. hla

  • Ulrike Herrmann: Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen, Westend-Verlag, Frankfurt / Main, 288 S., 19,99 €, ISBN 978-3864890444
  • Michael Goodwin, Dan E. Burr: Economix. Wie unsere Wirtschaft funktioniert (oder auch nicht), übersetzt von Edmund Jacoby, Verlag Jacoby und Stewart, Berlin, 304 S., 19,95 €, ISBN 978-3942787031