Er hat sie alle gewonnen: Betriebsratsvorsitzender Gunther Lange

Eigentlich könnte Gunther Lange mit stolzgeschwellter Brust durch die Gegend laufen. Seit November 2013 hat der Betriebsratsvorsitzende am Klinikum Oberlausitzer Bergland in Sachsen rund 150 neue Mitglieder für ver.di geworben. Ein Erfolg, von dem viele seiner Kollegen nur träumen können. Doch davon will Lange nichts hören. Die Sache sei "fast ein Selbstläufer" gewesen, "die Zeit war einfach reif". Im Krankenhaus habe sich über die vergangenen Jahre so viel Ärger angestaut, dass die Botschaft, man sei nur gemeinsam stark, auf fruchtbaren Boden gefallen sei.

Wenn ver.di-Sekretär Roland Happich von Langes Versuchen hört, sein Licht unter den Scheffel zu stellen, lacht er. So sei der Gunther, "ein bescheidener Typ, dem es nie um sich, sondern nur um Inhalte geht". Dabei liege ein schwerer Kampf hinter ihm: Schon vor neun Jahren verabschiedete sich das Krankenhaus im sächsischen Ebersbach aus dem kommunalen Arbeitgeberverband und wendet seither keinen Tarifvertrag mehr an. Wenig später entstand durch die Fusion der beiden ehemaligen Kreiskrankenhäuser in Zittau und Löbau am Standort in Ebersbach das Klinikum Oberlausitzer Bergland. Damals habe die Geschäftsleitung ein Horrorszenario entworfen: Wenn man nicht aus den Tarifverträgen aussteige, sei die gesamte Fusion zum Scheitern verurteilt, der Verlust aller Arbeitsplätze drohe.

Die bittere Austrittswelle

Das habe gewirkt, erinnert sich Gunther Lange: "Und das war ein Fehler. Personalrat und Gewerkschaft haben sich damals über den Tisch ziehen lassen; wir hätten darauf bestehen müssen, dass alle Zahlen auf den Tisch kommen." Die neuen Arbeitsverträge brachten erhebliche Lohneinbußen durch erzwungene Arbeitszeitreduzierungen - und bescherten der Gewerkschaft eine bittere Austrittswelle enttäuschter Mitglieder. Die Fusion sei auch der Beginn eines "absolut ungleichen Kampfes am Verhandlungstisch" gewesen, sagt Lange. "Denn wir können zwar sehr gut Betriebsvereinbarungen abschließen, die auf die Einhaltung des Arbeitsschutzes pochen, und die Einhaltung der Dienstpläne kontrollieren. Aber wenn es ums Geld geht, können wir nichts rausholen, wenn das deutsche Tarifvertragsgesetz nicht angewendet wird."

Das mussten auch die Beschäftigten erkennen. Und es wurde ihnen noch einmal deutlicher, als der Landkreis Görlitz im vergangenen Jahr mit seinen Krankenhäusern in Zittau, Ebersbach und Weißwasser eine Gesundheitsholding bildete, alle drei Standorte unter demselben Holdingdach, mit gleichem Träger und Versorgungsauftrag. Der große Unterschied: In Weißwasser gibt es einen mit ver.di abgeschlossenen Haustarifvertrag, der den Beschäftigten mehr Gehalt, Schichturlaub, Weihnachts- und Urlaubsgeld bringt - und das alles, ohne dass das Krankenhaus existentiell gefährdet wäre.

Das empfindet nicht nur die Krankenschwester Martina Weiß (Name geändert), die am Klinikum in Ebersbach beschäftigt ist, als ungerecht. Sie sagt: "Inzwischen herrscht bei uns auf jeder Station Frust, weil niemand versteht, warum es für die gleiche Arbeit hier mehrere hundert Euro weniger gibt als anderswo. Doch wenn wir uns an die Geschäftsleitung gewandt haben, sind wir nur immer ausgelacht worden." Häufig hätten sie sich gefragt, wozu es eigentlich einen Betriebsrat gebe, wenn der doch nichts für die Beschäftigten erreiche. "Irgendwann hat Gunther Lange uns dann aber klargemacht, dass sie ohne die Unterstützung der Mitarbeiter, ohne uns, nichts erreichen können. Das hat gewirkt."

Mit neuem Selbstbewusstsein

Es habe gedauert, bis das wirklich bei den Kolleg/innen angekommen sei, sagt Gunther Lange. Viele Gespräche waren nötig, aber dann habe die Sache eine Eigendynamik entwickelt. Schließlich hatten 150 Beschäftigte aus der Pflege den ver.di-Aufnahmeantrag ausgefüllt. "Die Leute haben jetzt ein neues Selbstbewusstsein - auch, weil Fachkräfte in unserer Region inzwischen knapp sind und man ihnen heute nicht mehr damit drohen kann, dass es Dutzende andere gibt, die den Job gern machen würden." Mit dieser neuen Stärke wollen Lange und ver.di-Sekretär Happich jetzt endlich bessere Arbeitsbedingungen durchsetzen: Im Januar haben sie einen "Schlachtplan" entwickelt und eine Tarifgruppe gebildet. Als nächstes soll es in Ebersbach und Zittau wieder Tarifverhandlungen geben. Auch in der Rehaklinik Löbau, meint Lange, wären Verbesserungen möglich. "Wenn die Leute dort sich nur endlich organisieren würden!"