Ausgabe 01/2014
Die Tore blieben zu
Lichter im Dunkeln: Der Warnstreik bei CAP am Flughafen
Es ist dunkel, es ist kalt, es ist drei Uhr früh. Die beste Zeit, um im Bett zu liegen. Die innere Uhr sagt: Tiefschlafphase. Max Wenzl (Name geändert) kann davon nur träumen. Er ist im Dienst. Seine Aufgabe heute früh ist es, die Zugangstore zu den U-Bahnhöfen der Stadt zu öffnen. Auf die Uhr muss er dabei penibel achten - auf die äußere, nicht die innere. Denn Pünktlichkeit ist wichtig in seinem Beruf. Wenzl ist Wachmann bei einer Münchner Wach- und Sicherheitsfirma.
Die Berufe im Sicherheitsdienst sind anspruchsvoller geworden. Die Kunden verlangen immer mehr Qualifikationen - Fremdsprachenkenntnisse zum Beispiel. Auch einen Ausbildungsberuf gibt es: die geprüfte Schutz- und Sicherheitsfachkraft. "Den schlurfenden Nachtwächter, der nachts um die Häuser zieht, den gibt es nicht mehr", sagt Andrea Weber, Betriebsratsvorsitzende bei einer großen Münchner Sicherheitsfirma mit etwa 1 600 Beschäftigten, "die Bezahlung in der Branche aber entspricht immer noch dem alten Bild."
Für den Job rund um die Uhr erhält Max Wenzl laut Tarifvertrag 15,60 Euro in der Stunde. Er gehört damit zu den Spitzenverdienern in der Niedriglohnbranche. Mitarbeiter, die zum Beispiel eine Bundeswehrkaserne bewachen, erhalten zwischen 8,89 und 11,58 Euro. Etwa 70 Prozent der Beschäftigten liegen gerade mal auf der Höhe des geplanten Mindestlohnes von 8,50 Euro.
In tarifgebundenen Unternehmen, das sind in Bayern nur 93 von 600 Firmen, werden zusätzlich wenigstens noch Zulagen für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit bezahlt. Firmen, die nicht tarifgebunden sind, müssen zwar die tarifvertraglichen Stundenlöhne bezahlen, weil der Tarifvertrag zum Schutz der Beschäftigten in diesen Firmen für "allgemein verbindlich" erklärt wurde. "Aber die Zulagen, mit denen meine Kolleginnen und Kollegen das geringe Gehalt aufbessern können, gibt es dort nicht", erklärt Andrea Weber.
"Zu diesen Löhnen wollen wir nicht mehr arbeiten. EIN Lohn muss zum Leben reichen." Das hat die Tarifkommission von ver.di für das Wach- und Sicherheitsgewerbe im letzten Jahr beschlossen, die Tarifverträge gekündigt und die Arbeitgeber zu Tarifverhandlungen aufgefordert. ver.di will ab 2014 ein Plus von 1,50 Euro pro Stunde und die Anhebung der Einkommen auf mindestens 10 Euro pro Stunde. ver.di wehrt sich außerdem gegen die von den Arbeitgebern gewollte Streichung oder Minderung der Zuschläge.
Der Druck der Kunden
Die Verhandlungen haben zäh begonnen, und das Angebot der Arbeitgeber war mit 2,8 Prozent Tariferhöhung für heuer und noch einmal so viel für 2015 viel zu niedrig. Erstmals gab es deshalb auch in München Warnstreiks. "Ob das den erforderlichen Druck in die Verhandlungen bringt, bleibt abzuwarten", sagt Andrea Weber, "denn die Firmen stehen unter dem Druck der Kunden: Der Wettbewerb läuft hauptsächlich über den Preis. Die Kunden wollen gute Sicherheitsleistungen, aber es soll nicht viel kosten." Das bekämen die Beschäftigten zu spüren: "Der höchste Ausgabeposten ist das Personal; an dem wird gespart." Darum, so das Fazit von Andrea Weber, "braucht es eine tarifstarke Gewerkschaft, bei der viele Beschäftigte Mitglied sind."
Warnstreiks bei der U-Bahn und am Airport
Am Dienstag, 14. Januar, waren Beschäftigte der U-Bahn-Wache München von 3.30 Uhr bis 7 Uhr zum Streik aufgerufen. 25 U-Bahnhöfe in München wurden deswegen erst verspätet geöffnet. - Am Mittwoch, 15. Januar, beteiligten sich rund 40 Beschäftigte der CAP am Münchener Flughafen von 6 bis 9 Uhr am Warnstreik. Vom Streik betroffen waren die Tore und der Außenbereich. Mehr als eine Stunde gelangte kein Fahrzeug mehr auf das Vorfeld. Erst danach gelang es dem Flughafen, den Betrieb in stark vermindertem Umfang wieder anzufahren, allerdings nur mit erheblichen Verzögerungen und eingeschränkten Sicherheitsstandards.