Ausgabe 01/2014
Geschäftsmodell namens billig
HEIKE LANGENBERG ist Redakteurin der ver.di PUBLIK
Die Bundesagentur für Arbeit hat sich schlicht und einfach verrechnet. Die Zahl der Aufstocker/innen, die Vollzeit arbeiten, ist niedriger als gedacht. Gemeint sind damit diejenigen, deren Verdienst trotz einer hohen Zahl an Arbeitsstunden zu gering ist, um damit eine Familie zu ernähren und/oder eine hohe Miete zu zahlen. Diesen Aufstocker/innen hilft auch kein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro weiter.
Diese Summe ist zu niedrig. Daher muss er nach seiner Einführung schnell ansteigen - wie von ver.di ohnehin gefordert - und nicht, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, erst einmal bis Anfang 2018 festgeschrieben werden. Doch die Gegner/innen des gesetzlichen Mindestlohns nutzen diese korrigierte Statistik gleich, um generell gegen seine Einführung zu wettern. Dabei vergessen sie, dass es nicht nur um 218.000 Aufstocker/innen in Vollzeit geht. Es geht um rund sieben Millionen Menschen, die in Deutschland zu Löhnen unter 8,50 Euro pro Stunde arbeiten müssen.
Es geht um das Geschäftsmodell "billig", das viele Arbeitgeber/innen für ihre Profite ausnutzen. Auf Kosten derjenigen, die Steuern zahlen, aus denen diese niedrigen Löhne aufgestockt werden. Dazu zählen auch Minijobs, die sich insbesondere bei Verheirateten zu "lohnen" scheinen. Aber auch auf Kosten derjenigen, die innerhalb einer Familie oder Lebensgemeinschaft diese geringen Entgelte subventionieren. Dabei geht es um die Würde und den Respekt vor Menschen.
Und es geht nicht um Arbeitgeber, die angeblich nur noch schlecht weiter existieren werden können, wenn sie in Zukunft tatsächlich mindestens 8,50 Euro pro Stunde bezahlen sollen - denn das ist die Schlussfolgerung, die die Wirtschaft und ein Teil der Medien in dieser erneut aufgeflammten Debatte nahelegen. Ein leicht zu durchschauendes Manöver.