Wo heute das "Haus Brannenburg" steht und noch immer der Kirchbach zu Tale fließt, klapperte einstmals friedlich ein Mühlenrad. So hätte es ewig bleiben können, doch ein gewaltiger Erdrutsch zerstörte 1851 die Kirchbachmühle. Nur zwei Mahlsteine blieben übrig und wurden zur Erinnerung an die Katastrophe an der Südwestecke des Hauses eingemauert. Seither klappert dort kein Mühlenrad mehr, sondern höchstens noch Besteck.

Einst Erholungsheim des Bayerischen Post- und Telegraphenverbandes, dient das "Haus Brannenburg" heute als ver.di-Bildungszentrum. Aufgrund seiner idyllischen Lage in den oberbayerischen Voralpen zwischen Kufstein, Rosenheim und Chiemsee ist es bei Seminarteilnehmenden und Erholungsuchenden gleichermaßen beliebt. Am 31. Mai feiert es nun sein 100-jähriges Bestehen. "Ein guter Anfang", wie der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske in der Festschrift schreibt.

Mit dem Wiederaufbau des Anwesens 1890 entstanden am Fuße des Wendelsteinmassivs zunächst das Restaurant und die Solebäder "Bad Wendelstein". 1910 wurde das Anwesen zum vegetarischen Heim mit Luft- und Sonnenbädern umfunktioniert. Drei Jahre später wurde es dann gewerkschaftlich: Der bayerische Post- und Telegraphenverband kaufte es für 110.000 Goldmark, baute es um und eröffnete am 31. Mai 1914 ein Erholungsheim für Mitglieder der Gewerkschaft.

Wechselhafte Geschichte

Doch auch dieses Idyll blieb nicht von Dauer - zwei Weltkriege folgten, in denen das Haus Brannenburg vor allem als Lazarett und Erholungsheim für verwundete Soldaten diente. 1940 wurde es unter den Nazis an die Deutsche Reichspost verkauft und 1950 an die Deutsche Postgewerkschaft zurück übereignet. Allerdings konnte es erst 1963 wieder voll bewirtschaftet werden. In den Folgejahren nahm der Anteil an Bildungsangeboten zu. Weitere Impulse für neue Seminarangebote und Konzepte kamen mit Gründung von ver.di aus den fünf Gründungsgewerkschaften.

Heute ist das Haus Brannenburg eine moderne Tagungs- und Bildungsstätte mit technisch sehr gut ausgestatteten Seminarräumen, umfangreich sanierten Gästezimmern, Sauna, Fitnessraum, Kegelbahn und einem schönen Freizeitgelände am Kirchbach. Gut erreichbar gelegen zwischen Salzburg, München und Innsbruck, führt es neben der Bildungsarbeit auch die Tradition als Erholungsheim mit Urlaubsaufenthalten fort. "Für Generationen von Gewerkschaftsmitgliedern war und ist das Haus ein Ort, an dem gewerkschaftspolitisches Bewusstsein lebendig ist. Und so soll es auch in Zukunft bleiben", sagt die Leiterin des Bildungszentrums, Marion Fendt, anlässlich des Jubiläums. Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske wünscht der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit in Brannenburg für die nächsten hundert Jahre "viel Neugier und Engagement, Erkenntnisse und Ausstrahlung, Erholung und Tatkraft".