Herbert Weisbrod-Frey leitet den Bereich Gesundheitspolitik bei ver.di

So haben sich die Versichertenvertreter/innen bei den Krankenkassen mehr Beitragsautonomie nicht vorgestellt. In Zukunft sollen sie wieder über die Beitragshöhe ihrer Kasse entscheiden. Doch Erhöhungen zahlen werden nur noch die Arbeitnehmer/innen und die Rentnerinnen und Rentner, der Arbeitgeberbeitrag bleibt eingefroren. Sicher, die Kopfpauschale in Euro und Cent ist endgültig vom Tisch. Der Zusatzbeitrag dank Schwarz-Gelb, bei dem die Verkäuferin den gleichen Beitrag zu zahlen hatte wie der Ingenieur, wurde politisch abgeräumt. Doch zu welchem Preis?

Geopfert wurde die Parität, die gleiche Belastung von Arbeitgebern und Versicherten. Und dabei geht es um mehr als um Geld. Die Parität hat Arbeitgeber und Versicherte zu Sozialpartnern in der Krankenversicherung gemacht, zu Sozialpartnern, die beide ein Interesse haben, Gesundheit zu fördern und Krankheitskosten zu vermeiden. Mit dem Ende der Parität endet auch dieses gemeinsame Interesse. Insofern wird das geplante Gesetz zur Krankenkassen-Finanzierung einen weiteren Keil in unser solidarisches Krankenversicherungssystem treiben.

Aber es gibt auch Gewinner. Der Finanzminister entledigt sich mit diesem Gesetz jeglicher Verpflichtung, mit Steuergeldern jenen unter die Arme zu greifen, die mit dem Zusatzbeitrag überfordert wären. Er hat zudem die Gunst der Stunde genutzt: Während die Medien milliardenschwere Überschüsse bei den Krankenkassen anprangern, kürzt er im Haushalt den Bundeszuschuss für den Gesundheitsfonds der Krankenkassen um rund 3,5 Milliarden Euro. Dieses fehlende Geld wird schneller als erwartet bei einer Vielzahl von Kassen zu Zusatzbeiträgen führen. Aber die zahlen dann ja nur die Versicherten, wenn auch künftig abhängig von der Höhe ihres Einkommens. Doch noch ist das Gesetz nicht in trockenen Tüchern. Noch müssen Bundestag und Bundesrat dem Gesetzentwurf zustimmen. Und noch können Gewerkschaften dagegen ihre Stimme erheben. Auf dem Spiel steht das solidarische System.