Passen irgendwie noch nicht so richtig zusammen

Mit dem transatlantischen Handels- und Investitionsabkommen, kurz TTIP, zwischen Europa und den USA würde die größte Freihandelszone der Welt entstehen. Doch am Verhandlungstisch geht es keineswegs nur um Wachstum, Wohlstand und Zollfreiheit. Auf der Agenda steht vielmehr der Abbau von Arbeitnehmerrechten und sozialen Dienstleistungen. Arbeitnehmer als die großen Verlierer des Freihandelsabkommens? Darüber diskutierten in Hannover Experten auf Einladung des ver.di-Landesbezirks Niedersachsen-Bremen und des Bildungswerks ver.di.

Seit Juni vergangenen Jahres verhandelt die EU mit den USA über ein Freihandelsabkommen - und zwar im Geheimen, obwohl fast eine halbe Milliarde Menschen betroffenen sind. Inzwischen ist auch die Anfangseuphorie verflogen, in der in den Medien noch von der Hoffnung auf ein Wirtschaftswunder und rund zwei Millionen neue Arbeitsplätze die Rede war. "Neben dem Verbraucherschutz stehen vor allem die Rechte der Arbeitnehmer auf dem Spiel", warnte die stellvertretende ver.di-Landesleiterin Sonja Brüggemeier in Hannover.

Für sie ist klar, was in der Einladung zur Diskussion noch als Frage formuliert worden war: "Das Handelsabkommen zwischen Europa und USA gefährdet die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern." Brüggemeier befürchtet, dass TTIP einen "massiven Angriff auf das europäische Versorgungsprinzip" bringen wird und eine neue Privatisierungswelle im Dienstleistungssektor, von der etwa Bildung, Kultur, Gesundheit, Wasser- und Energieversorgung betroffen wären.

Und: Das geplante Abkommen verschärfe die Konkurrenz zwischen europäischen und US-Unternehmen. Damit droht aus gewerkschaftlicher Sicht der Druck vor allem auf die in Europa höheren Lohnkosten zuzunehmen. Unter Hinweis auf das TTIP sei dann die Entwicklung sozialer Standards in Deutschland und Europa nur noch von Kapitalinteressen abhängig. Durch Freigabe des Kapitalverkehrs werde außerdem die Kontrolle über den eigenen Binnenmarkt ausgehebelt. Brüggemeier: "Solange man ein Freihandelsabkommen mit Ländern schließt, die ein niedrigeres Schutzniveau haben, erhöht sich der Druck auf das eigene Schutzniveau."

So lehnen die USA die Mindestarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) überwiegend ab - etwa das Recht zur Gründung von Gewerkschaften und auf Abschluss von Kollektiverträgen. Immer wieder werde in den USA verhindert, dass sich Beschäftigte in Gewerkschaften organisieren und Tarifverhandlungen führen. Nicht ratifiziert wurden auch Abkommen über Zwangsarbeit, gleiche Entlohnung, Nichtdiskriminierung am Arbeitsplatz und ein Mindestalter für Beschäftigte. Deutlich schlechtere Regelungen gebe es im Arbeitsrecht und bei den Arbeitszeiten, bei Urlaub, Arbeits- und Gesundheitsschutz und bei der Mitbestimmung.

Die Gewerkschaft ver.di fordert, die Gespräche über das Freihandelsabkommen unbefristet auszusetzen, bis aus europäischer Sicht die Voraussetzungen für faire Verhandlungen geschaffen sind. Sodann seien folgende Bedingungen und Regelungen mit den USA zu vereinbaren: Ratifizierung aller wesentlichen ILO-Mindestarbeitsnormen, Herausnahme öffentlicher Dienstleistungen aus den Verhandlungen, Bereitschaft zur Unterzeichnung weitergehender Klimaschutzziele und Vereinbarung eines No-Spy-Abkommens mit der EU.

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