Mit angesagter Kleidung zu Tiefstpreisen will der Textil-Discounter Primark den Modemarkt aufmischen. Demnächst wird die irische Textilkette ihren 14. Shop in Deutschland aufmachen, weitere große Läden in bester Lage sind geplant. Bisher löste noch jede Eröffnung einen Massenansturm aus, mit dem vorwiegend junge Käufer/innen ihre Jagd auf besonders billige Klamotten starten. So auch in Hannover, wo über 500 Beschäftigte für Primark arbeiten. Stress und hoher persönlicher Einsatz gehören zum Verkaufsalltag.

Blitzschneller Betriebsrat

"Ein bisschen haben wir schon erreicht", sagt Ralf Sander und stapelt damit tief. Er ist Vorsitzender des Betriebsrats in Hannover. Gleich nach der Wahl Anfang März legten er und die anderen zehn Mitglieder des Gremiums blitzschnell los: Als Primark bei den Sonntagszuschlägen knauserte und nur 25 Prozent zahlen wollte, wäre die Ladenöffnung fast per einstweiliger Verfügung verhindert worden. Schließlich musste die Geschäftsführung einlenken. In harten Verhandlungen vereinbarte der Betriebsrat 50 Prozent Zuschläge. Noch in diesem Jahr wird auf 100 Prozent angehoben: Ab der dritten Sonntagsöffnung ist dann in diesem Punkt Tarifniveau erreicht, obwohl der Newcomer aus Irland nicht tarifgebunden ist.

"Wir orientieren uns am Tarifvertrag", heißt es offiziell. Doch in vielen Bereichen fällt Primark weit dahinter zurück, wie der Betriebsrat und ver.di-Gewerkschafterin Juliane Fuchs kürzlich bei Betriebsversammlungen zeigten. So gibt es eine Woche weniger Urlaub, und das 13. Monatsgehalt liegt etwa zehn Prozent unter den tariflichen Sonderzahlungen. Spätzuschläge spart sich das Unternehmen völlig und Nachtarbeit wird lediglich mit 25-prozentigen Zuschlägen vergütet.

Wichtiges Thema sind in Hannover auch die schlechten Bedingungen, unter denen die bei Primark, H&M und Co. angebotenen Textilien produziert werden. Ralf Sander: "Wir haben unsere Geschäftsführung aufgefordert, sich für besseren Arbeitsschutz und höhere Einkommen der Näherinnen in Asien einzusetzen und auch dort mehr mit den Gewerkschaften zusammenzuarbeiten."

Der Betriebsrat ist senkrecht gestartet. Außer den Sonntagszuschlägen konnte er ein Job-Ticket und bessere Nachtschichtregelungen aushandeln. Eine Betriebsvereinbarung zum Kameraeinsatz als Diebstahlschutz ist auf dem Weg. Erst kürzlich waren in der Filiale 128 Kameras enttarnt worden, etwa die Hälfte davon im nicht-öffentlichen Raum. Ein Großteil wurde inzwischen abgeschaltet. Bei Primark die Tarifbindung durchzusetzen, das bezeichnet der Betriebsratsvorsitzende Sander als "ganz großes Ziel". Doch die Chancen steigen: Seit März haben sich bereits mehr als 100 Beschäftigte aus der Filiale bei ver.di organisiert. Andreas Hamann

Bündnis Untragbar Seite 9