Ohne digitalen Ableger geht's nicht mehr

War sie bis Ende der 1990er Jahre noch chronisch defizitär, so schreibt die Hamburger Morgenpost seit mittlerweile über zehn Jahren wieder schwarze Zahlen. Dennoch hat der gegenwärtige Eigentümer, die Kölner Mediengruppe DuMont Schauberg, der Zeitung einen Sparkurs aufgezwungen und will nach Darstellung des Betriebsrats bis zu 15 Prozent der Belegschaft abbauen - der größte Personalabbau bei der Morgenpost, MOPO, seit 1979. Dagegen wehrt sich die Belegschaft mit der Gewerkschaft ver.di und dem Deutschen Journalisten-Verband, DJV.

Das Zeitungsmanagement signalisiert, und das nicht nur bei der Morgenpost, nichts anderes als Hilflosigkeit: Die Vorschläge, wie die Modernisierung, die "digitale Transformation" in die Welt lokaler und regionaler Portale übertragen werden könnte, damit auch neue Erlöse mit guter Arbeit verbunden wären, werden mit den Worten abgewiesen: "...zu teuer!"

Dabei sind die Probleme nicht neu. Schon vor dem Freischalten des World Wide Webs Anfang der 90er Jahre begann der Sinkflug der Auflagen vor allem der regionalen Tageszeitungen. Dennoch steigerten die Zeitungen bis weit ins Jahr 2000 ihre Erlöse immens. Grund für die ungeheuren finanziellen Zuwächse war das florierende Anzeigengeschäft. Während die Leserschaft schrumpfte, nahmen die Einnahmen aus der Werbung zu. Mit der Wirtschafts-Krise 2001 brach diese Entwicklung ab. Die Erlöse gingen drastisch zurück. Kontinuierlich. Bereits seit dem Jahr 2000 und einem leistungsfähigen Internet entstanden im Netz neue Geschäftsmodelle, große und neue Portale. Einnahmen, die früher regionale Tageszeitungen vor allem im Kleinanzeigenmarkt erwirtschafteten, wanderten in das rein digitale Geschäft.

Immer mehr Menschen, die sich über das aktuelle Tagesgeschehen informieren möchten, nutzen heute entweder das fast überall zugängliche stationäre Internet oder direkt das mobile Internet via Smartphones, Tablets oder Phablets. Gleichzeitig gelten Zeitungen auch bei jungen Menschen als besonders glaubwürdig. Bei großen Katastrophen, politischen Großereignissen werden viele Zeitungen verkauft. Das redaktionelle Angebot, ob gedruckt oder online, bleibt unverzichtbar - vor allem auch hinsichtlich der Vielfalt der Inhalte und nicht nur der Vertriebskanäle. Viel zu spät werden dafür neue Geschäftsmodelle gesucht.

Wirtschaftlich machbar

Die Zeitungsverlage hingegen haben die enorme elektronische Entwicklung nahezu durchweg verschlafen. Sie haben das Internet schlicht nicht richtig eingeschätzt. Umso hektischer sind die Anstrengungen einer "digitalen Transformation" der klassischen Print-Häuser in den letzten Jahren. Was so modern klingt, ist aber in Wahrheit nichts anderes als der Versuch, die bisherigen Erlöse zu sichern - durch Kostenreduzierung, vor allem beim Personal. Die Axel Springer AG hat sich mehr oder weniger von der regionalen Presse verabschiedet und widmet sich vor allem Internet-Plattformen im Bereich der früheren Kleinanzeigen (z.B. Immonet). Währenddessen sind die verbleibenden Print-Produkte (Abendblatt, Morgenpost) immer neuen Verschlankungskuren durch konzerninterne "Synergie-Gewinnung" ausgesetzt.

Die Verlage wird das am Ende teuer zu stehen kommen. Es bedarf einer digitalen Transformation, die die Potentiale in Verlag und Redaktion erschließt, einer Stärkung von Reichweitentreibern und transparenter Prozesse in den Redaktionen.

Dazu sagt Holger Artus, Betriebsratsvorsitzender: "Die MOPO ist wie andere Zeitungen in einer Umbruchphase, aber bei uns geht es um ein Sparprogramm des Konzerns, der seine Kosten senken will. Wir sind für einen sozialverträglichen Weg des Personalumbaus, aber eben nicht des Abbaus. ver.di und der DJV sind Bestandteil dieser Auseinandersetzung. Sie fordern einen Sozialtarifvertrag, der Altersteilzeit regelt sowie einen Qualifizierungstopf und Abfindungen. Heute keine Altersteilzeitregelung heißt vielleicht für den Herbst 2015 weitere Kündigungen, wenn die Zahlen nicht erreicht werden."

Artus weiter: "Schaden nimmt die gesamte Marke, weil man nicht die Belegschaft ins Boot holt, und es einem offenbar egal ist. Unser Weg ist der identitätserhaltende, der wirtschaftlich machbare, ein Weg, der das Ergebnis nicht zusätzlich belastet."